Die traurige Botschaft der Steuerschätzer

Die öffentlichen Kassen werden in den nächsten Jahren noch weniger Geld einnehmen als ohnehin schon befürchtet. Das geht aus der aktuellen Steuerschätzung hervor, die gestern in Berlin veröffentlicht wurde.

Berlin. Die von der FDP geforderten Steuersenkungen scheinen in weite Ferne zu rücken. Das jedenfalls legen die Ergebnisse der jüngsten Steuerschätzung nahe. Fragen und Antworten zum Thema.

Was hat die aktuelle Schätzung ergeben?

Für 2010 bleibt die Einnahme-Erwartung nur leicht hinter der Prognose vom November 2009 zurück: Es fehlen 1,2 Milliarden Euro. Problematisch wird es danach. 2011 klafft ein gesamtstaatliches Loch von 11,7 Milliarden Euro, 2012 von 12,3 Milliarden und 2013 von 13,7 Milliarden Euro. Die Mindereinnahmen und Mehrausgaben durch das im Januar verabschiedete "Wachstumsbeschleunigungsgesetz", mit dem zum Beispiel Hotels und Pensionen steuerlich begünstigt werden, sind in diesen Zahlen ausdrücklich berücksichtigt. Insgesamt kostet das Gesetz den Staat jährlich 8,5 Milliarden Euro. Ohne diese Einbuße wäre die aktuelle Steuerschätzung also deutlich positiver ausgefallen.

Gibt es noch Spielraum für weitere Steuersenkungen?

Prinzipiell ja. Dazu müsste aber in den kommenden Jahren noch drastischer gespart werden, als es die Schuldenbremse ohnehin schon vorschreibt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hielt sich darüber gestern einmal mehr bedeckt. Er sagte lediglich, trotz der prognostizierten Mindereinnahmen gebe es Spielräume für politisches Handeln. Die FDP verweist stets auf die Steuersenkungspläne im Koalitionsvertrag. Dort steht aber auch ein Satz, den Schäuble gern zitiert: "Alle Maßnahmen des Koalitionsvertrages stehen unter Finanzierungsvorbehalt".

Wer sind eigentlich die Steuerschätzer?

Der Arbeitskreis Steuerschätzung besteht aus Fachleuten der zuständigen Bundes- und Landesministerien, der fünf großen Wirtschaftsinstitute, des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und der kommunalen Spitzenverbände sowie aus Abgesandten der Bundesbank und des Statistischen Bundesamtes. Das Gremium trifft sich jedes Jahr im Mai und im November.

Was ist die Aufgabe der Steuerschätzer?

Die Steuerschätzer versuchen, die Höhe der zu erwartenden Steuereinnahmen für die nächsten Jahre zu ermitteln. Dabei erstellen die Mitglieder des Arbeitskreises zunächst unabhängig voneinander Expertisen für jede einzelne Steuerart. Auf dieser Grundlage werden dann die jeweiligen Anteile der Steuereinnahmen für Bund, Länder und Kommunen ermittelt. Bei den regelmäßigen Treffen werden die Zahlen laufend aktualisiert. Sie sind Grundlage für die in den Haushaltsaufstellungen enthaltenen Ausgaben der öffentlichen Hand.

Wie verlässlich sind die Prognosen der Steuerschätzer?

In den vergangenen Jahren lagen die Steuerschätzungen oft daneben. Die tatsächlichen Finanzlöcher waren meist größer als vorhergesagt. Das liegt allerdings auch an den Konjunkturprognosen der Bundesregierung, die den Steuerexperten als Basis für ihre Zahlenreihen dienen. Mehr Wachstum bedeutet im Trend auch höhere Steuereinnahmen. Fällt die regierungsoffizielle Wachstumserwartung zu positiv aus, steht auch die Steuerschätzung auf wackligem Grund.

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