Die Welt des Ingolf Deubel

Der über die Nürburgring-Affäre gestrauchelte Ex-Finanzminister Ingolf Deubel hat am Freitag zum zweiten Mal im Untersuchungsausschuss ausgesagt. Deubel weist Vorwürfe zurück, bei der an mutmaßlichen Betrügern gescheiterten Privatfinanzierung, die zu seinem Rücktritt führte, Warnsignale missachtet zu haben.

Mainz. Ein bisschen bleich, aber lächelnd betritt Ingolf Deubel um 10 Uhr den Saal 7 des Landtags. Mehr als drei Stunden lang sagt er vor dem Gremium aus, das die Affäre beleuchtet und nach Verantwortlichkeiten forscht. Der Professor, der sich selbst als Pensionär und Freiberufler bezeichnet, erzählt die Geschichte des mehr als 300 Millionen Euro teuren Freizeitzentrums an der Eifel-Rennstrecke, wie sie aus seiner Sicht abgelaufen ist. Beim Reden merkt man ihm den inneren Drang an, alles zu erklären. Auf dass es endlich jeder verstehe.

Ingolf Deubel fokussiert sich in seiner Welt auf die bösen Medien. Banken hätten nach Berichten um ihre Reputation gefürchtet und seien abgesprungen. Er habe lesen müssen, im Mai 2009 in Zürich gewesen zu sein. Da habe er jedoch den Hund der Nachbarin spazieren geführt. Er könne sich erinnern, weil der Hund kurz darauf gestorben sei. "Hund tot, Volltreffer", sagt er. "Ab und an hatte ich das Gefühl, dass eine zweite Person in der Welt sein muss, über die berichtet wurde."

Das komplizierte Geschäftsmodell jener Leute, die vorgaben, die neuen Immobilien am Ring kaufen zu wollen, und die der Landes-Tochter Nürburgring GmbH einen finanziellen Vorteil von 50 Millionen Euro versprachen, habe er anfangs "auch nicht verstanden". Später schon. Heute versteht Deubel nicht, was schief gelaufen ist. "Ich bin ungeduldig. Ich will wissen, was passiert ist." Die gegen drei ehemalige Geschäftspartner der Nürburgring GmbH ermittelnde Staatsanwaltschaft Koblenz, klagt Deubel, habe sich nach einem halben Jahr noch nicht gerührt.

In den Augen des Ex-Ministers sind alle Risiken bei dem umstrittenen Geschäft "selbstverständlich" ausgeschlossen worden. Namhafte Gutachter hätten alles durchleuchtet. Renommierte Anwalts-Kanzleien hätten sich im Auftrag des Aufsichtsrates der Nürburgring GmbH, deren Vorsitzender er war, mit dem Geschäftsmodell und den Beteiligten beschäftigt.

Könnte Deubel etwas falsch gemacht haben? Könnte er, der bundesweit angesehene Finanzexperte, von Tricksern in feinen Anzügen und mit tadellosem Auftreten übers Ohr gehauen worden sein? Diese Annahmen akzeptiert sein Ego offenbar nicht. Politisch sei sein Rücktritt die "richtige Entscheidung" gewesen, räumt der 59-Jährige ein. Als Privatmann hätte er die Reißleine jedoch nicht gezogen, sondern "darauf gewartet, ob die vorgelegten Schecks ausgezahlt werden".

Die stringenten Ausführungen sind plausibel. Doch sie weisen einen Schwachpunkt auf, der Ingolf Deubels Welt ins Wanken bringt: Geld von Investoren kam am Ring nie an. Im Untersuchungsausschuss betrachten ihn daher die einen mitleidig, andere klopfen sich auf die Schenkel. CDU-Chef Christian Baldauf grinst. Er hält die Ausführungen für "Märchen aus Tausendundeiner Nacht".

Die Union beackert den Zeugen mit Fragen zu seinen Pflichten als Aufsichtsrats-Chef. Sie lässt durchblicken, Deubel habe selbige vernachlässigt. Der weist das zurück. Es sei ausgeschlossen, dass der Aufsichtsrat bei Geschäften rund um das Freizeitzentrum - etwa bei Provisionszahlungen an die mutmaßlichen Betrüger - umgangen worden sein könnte (der TV berichtete). Deubel verweist auf einen Generalbeschluss des Aufsichtsrates vom 1. Juli 2008, der die Geschäftsführung der Nürburgring GmbH ermächtigt habe, alle notwendigen Verträge zur Realisierung der Privatfinanzierung abzuschließen. In der Folge habe es keine Beschlüsse mehr gegeben. Der Aufsichtsrat habe lediglich Informationen der Geschäftsführung zur Kenntnis genommen.

FDP-Obmann Günter Eymael hält Deubel interne Warnungen eines Spitzenbeamten des Finanzministeriums vor. Der habe dargelegt, dass die Geschäftspartner des Firmenkonsortiums IPC/Pinebeck "nichts als Blaupausen" vorgelegt hätten und "originär über keine müde Mark verfügen". Deubel bescheinigt dem Mitarbeiter daraufhin enormes Fachwissen. Aber: "Am Ende ist nichts übriggeblieben an Risiken, die wirklich relevant sind."

Die Sitzung wird abgebrochen, damit sich das Gremium besser vorbereiten kann. Am Abend zuvor hat die Landesregierung vertrauliche Papiere entstempelt, die man den Zeugen nun vorhalten will. Strittig ist noch, ob die vertraulichen Protokolle der Aufsichtsratssitzungen öffentlich verwendet werden können. Der Ausschuss will Deubel, der nach Ansicht von SPD-Obmann Clemens Hoch "die Verantwortung übernommen hat", am 2. Februar nochmals befragen. Dann soll auch die Vernehmung von Roland Härtel (Ex-Aufsichtsrat) und Walter Kafitz (Ex-Hauptgeschäftsführer der Ring GmbH) nachgeholt werden.

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