Dingos, Mungos und Minen

TRIER. Endstation der Sommerreise von Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) in Trier: Gestern besuchte er die Wehrtechnische Dienststelle (WTD), um sich die neuesten Fahrzeuge für den Auslandseinsatz der Bundeswehr vorführen zu lassen.

Er ist leise geworden. Man muss schon genau hinhören, wenn er mit den Soldaten spricht, um ihn zu verstehen. Seine Stimme ist längst nicht mehr so markant, tief und laut wie noch vor ein paar Monaten. Und immer wieder wird er nach seinem einstigen Markenzeichen gefragt, der Pfeife: "Die fehlt mir schon unheimlich", gesteht Peter Struck. Der Schlaganfall im Juni hat ihn verändert. Er ist schmaler geworden, sein Gesicht faltenreicher, die Haare sind deutlich lichter geworden, kein Vergleich zu dem offiziellen, augenscheinlich älteren Porträtbild von ihm in der Pressemappe. "Ich fühle mich völlig gesund und einigermaßen fit", sagt er immer wieder. Zum Beweis gibt er das Tempo vor, hastet mit festem Schritt von Station zu Station der gut inszenierten Fahrzeugschau auf dem 160 Hektar großen Erprobungsgelände, begrüßt die angetretenen Soldaten mit festem Handschlag. Nur einmal kommt er ins Stolpern, als er aus der Heckklappe eines gepanzerten Sanitätsfahrzeugs mit dem für die Bundeswehr typischen Namen "Duro 3, Version beweglicher Arzt-Trupp" mit ausgestreckten Armen fast herausfällt. Kurze Schrecksekunde für Strucks Sicherheitspersonal. Vieles erinnert an diesem Morgen an einen Tag der offenen Tür in einer Bundeswehrkaserne. WTD-Direktor Heinz-Joachim Wolf und die versammelten Bundeswehroberen führen Struck auf der Betonpiste die neuesten Panzerwagen und Minen-Entschärfer vor, die zum Teil noch gar nicht der "Truppe zugeführt sind", wie es im Bundeswehr-Deutsch heißt. Sie werden noch in Trier getestet. Wie nötig die Bundeswehr neues Material hat, zeigt sich bereits beim Anflug des Ministers und der Berliner Journalisten auf Trier.Neues Material nötig: Hubschrauber fällt aus

Ursprünglich sollen um 10.30 Uhr zwei Transporthubschrauber die knapp 30-köpfige Truppe vom Flughafen Hahn, wo die Bundeswehrmaschine aus Berlin gelandet ist, transportieren. Doch ein Hubschrauber macht schlapp. Mit symbolträchtiger 30-minütiger Verspätung landet Struck auf dem Grüneberg, um sich "moderne geschützte Fahrzeuge zum Schutz des Soldaten im Einsatz" vorführen zu lassen. Zuvor schreibt ihm WTD-Chef Wolf noch ins Stammbuch, dass seine 450 Mitarbeiter unter einem enormen Druck stünden. Es müssten ständig neue Fahrzeuge und Geräte in immer kürzerer Zeit von ihnen getestet werden. So manches Fahrzeug ginge "mit gerade noch vertretbarem Risiko" in den Auslandseinsatz. Die WTD 41, so die offizielle Bezeichnung, ist sozusagen der Tüv der Bundeswehr. Bevor ein Panzer oder ein LKW zum Einsatz kommt, wird er in Trier auf Beton-, Schotter- und Geländepisten und notfalls auch unter Wasser getestet. Auch zivile Nutzer wie etwa Landmaschinenhersteller oder Bus-Bauer lassen ihre Fahrzeuge auf dem Grüneberg vor der Serienreife prüfen. Als sich Struck die Militär-Fahrzeuge erklären lässt, wird man an einen Autokauf erinnert: "Wie schwer ist das Ding?" "Verdammt eng für längere Strecken im Gelände." "Wie sind die Reifen gepanzert?" Um die Fahrzeuge im Einsatz zu präsentieren haben die Soldaten den Angriff eines Konvois im Ausland für Struck filmreif inszeniert. Beginnend mit auf zwei Bildschirme übertragenen Aufnahmen einer unbemannten Drohne, die verwackelte Bilder von der Weinlage Aveler Tal sendet. Ein Fahrzeug nach dem anderen präsentiert sich vor der Tribüne auf der Betonpiste: Da fährt ein GTK Boxer vor, gefolgt von einem Dingo 2 und dem Spähfahrzeug Fennek. "Bitte jetzt den Ohrenschutz anlegen", warnt der stolz präsentierende Brigadegeneral, bevor von links der 240 000 Euro teure Minenräumroboter heranfährt, und schont rumst es - Mine entschärft. Dann kommt der "bewegliche Arzttrupp" mit Martinshorn, ein "Verletzter" wird aus dem Anhänger eines Minipanzers in den grünen Notarztwagen geladen. Ein Hubschrauber landet, ein Transportfahrzeug Mungo mit neun Soldaten fährt heraus. Und das alles nur, um den Minister zu überzeugen, dass man eben genau dieses Gerät brauche. "Wenn wir in Bagdad wären, könnten wir den sehr gut gebrauchen", sagt ein Soldat, als sich Struck den Boxer anschaut. Doch der Irak-Einsatz ist für Struck kein Thema ("Wir werden nur die irakische Armee ausbilden, mehr nicht.") Daher werde auch nicht alles gekauft, was heute vorgeführt worden sei. Statt 1000 der Boxer gebe es nur 200. Mehr sei nicht drin. Wie viel Geld er nächstes Jahr für seine Truppe zur Verfügung habe, entscheide nächste Woche der Bundestag. "Ich verlasse mich da sehr auf die Hilfe von Frau Leonhard, dass es zu keinen Kürzungen kommt", sagt Struck in Richtung der Manderscheider Bundestagsabgeordneten, die Mitglied im Verteidigungsausschuss ist. Noch kurz eine Modenschau der neuesten Uniformkollektionen: Kombinierte Sommer-Winter-Stiefel, Kampf-Oberbekleidung und die neue Fleece-Jacke für kalte Einsatz-Abende. Dann geht es zur Erbsensuppe mit Brötchen und Apfelsaft-ähnlichem Getränk ins Zelt. Um Viertel nach zwei heißt es für die Journalisten: "Auf den Bus aufsitzen", Abfahrt zu den jetzt zwei Hubschraubern.

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