Dogmatiker gegen Pragmatiker

Wenn es um Glaubensfragen geht, ist jedes Urteil schwierig. Seit jeher werden Glaubensfragen auch dazu benutzt, sie mit Machtfragen zu verknüpfen. Dies wird jetzt wieder deutlich im aktuellen Kirchenstreit, den höchste katholische Würdenträger inszeniert haben, um die traditionelle Hierarchie zu stabilisieren. Worum geht es? Roms oberster Glaubenshüter Kardinal Ratzinger und der Kölner Erzbischof Meisner wollen emanzipatorische Bestrebungen der Basis offenbar nicht hinnehmen und bedienen sich deshalb eines nicht wirklich christlichen Mittels: Sie reden den ökumenischen Kirchentag von Berlin schlecht und stellen zudem indirekt die Legitimation des Zentralkomitees der deutschen Katholiken in Frage. Verständlich, dass sich die Laien-Organisation zur Wehr setzt. Wie schon im Fall des suspendierten Priesters Hasenhüttl geht es nicht um Fehlbarkeiten von Menschen. Es geht ums Prinzip. Der ökumenische Gedanke, vom Papst gepredigt, gleichzeitig aber per Enzyklika konterkariert, ist konservativen Geistern ein Dorn im Auge. Kein Wunder, kristallisiert sich hier doch der ewige Streit zwischen Dogmatikern und Pragmatikern, der zumindest unter dem Patronat dieses Papstes nicht zu lösen ist. Wer aber den Kirchentag erlebt hat, wird nicht umhin kommen zu glauben, dass Jesus sich auf die Seite derjenigen gestellt hätte, die in der Ökumene den biblichen Auftrag zur Einheit der Christen sehen. nachrichten.red@volksfreund.de

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