Donald Trump muss ins Kreuzverhör mit seinen Konkurrenten

Washington · Nach wochenlangem Drängeln stellen sich zehn Top-Republikaner im US-Vorwahlkampf einem Kreuzverhör. Das Enfant Terrible Donald Trump hat bislang kräftig ausgeteilt. Wird der Milliardär in der Fernsehdebatte nun selbst durch den Fleischwolf gedreht?

Washington. Vielleicht ist es das letzte Mal, dass er im Mittelpunkt steht. Vielleicht wird Donald Trump demnächst in den Umfragen abstürzen, weil seinen Polterparolen keine Politikentwürfe folgen. Aber in der Nacht zum Freitag, wenn sich die Präsidentschaftskandidaten der Republikaner in der abgetakelten Industriestadt Cleveland zu ihrer ersten Fernsehdebatte treffen, sind noch einmal alle Augen auf ihn gerichtet. Auf den Immobilientycoon mit dem Gordon-Gekko-Charme der 1989er Jahre, der die Grenze zu Mexiko mit einer unüberwindbaren Mauer abschotten und Amerika zu alter Größe zurückführen will, ohne glaubhaft zu erklären, wie er das anzustellen gedenkt.
Gemeinsam mit Jeb Bush, dem Zweitplatzierten der Popularitätskurven, wird sich Trump an ein Pult in der Mitte des zehnköpfigen Bewerberfelds stellen. Der Mann der Stunde, der Störenfried, der alle vor sich hertreibt. Ob seine "fünf Minuten des Ruhms" nach dem Spektakel bald vorbei sind, wer kann das schon so genau sagen?
Sowieso stellt sich die Frage, wie es bei zehn Rednerpulten auf einer Bühne überhaupt möglich ist, einen halbwegs ernsthaften Diskurs zu führen. Nur was besonders schrill daherkommt, wird derzeit überhaupt wahrgenommen. Als Trump die Handynummer des Südstaatensenators Lindsey Graham hinausposaunte, ging tagelang völlig unter, was seine Widersacher an Programmatischem vorzuschlagen hatten.
Niemand möchte ins zweite Glied


Graham wiederum kämpfte wie ein Berserker um das Privileg, an der Abenddebatte der führenden Zehn teilnehmen zu dürfen, statt ins zweite Glied verwiesen zu werden, in eine Art Vorprogramm mit sieben Kandidaten, das keinen interessiert.
Um Aufmerksamkeit zu erheischen, sprach er lang und breit über Monica Lewinsky, seit ihrer Sexaffäre mit Bill Clinton die berühmteste Praktikantin der Welt. Er kenne die Clintons, er kenne die Juristensprache, mit der sie sich aus Problemen herauswänden, sagte er. Also sei er der Mann, der Hillary Clinton 2016 besiegen könne.
Es war der Auftritt eines Verzweifelten, genutzt hat es nichts. Für den Abend in Cleveland hat der Veranstalter, der Fernsehsender Fox News, Graham ebenso ausgesiebt wie Rick Perry, den langjährigen Gouverneur von Texas. In die zweite Reihe muss auch Rick Santorum, 2012 noch der Liebling evangelikaler Christen, die mit dem mormonischen Geschäftsmann Mitt Romney fremdelten und ihm zu einem überraschenden Höhenflug verhalfen.
Ob Graham, Perry oder Santorum: Falls kein Wunder geschieht, können sie ihre Ambitionen wahrscheinlich schon jetzt begraben. Das Interesse gilt, einmal abgesehen von Trump, vier Bewerbern, die sich im Laufe der nächsten Wochen vom Rest des Feldes absetzen könnten: Jeb Bush, Scott Walker, John Kasich und Marco Rubio.
Bush, einst Gouverneur von Florida, Sohn und Bruder eines Präsidenten, hat seine Kassen in einem Maße gefüllt, dass es pekuniär keiner mit ihm aufnehmen kann. Doch der unangefochtene Favorit ist er nicht. Mag sich die bestens vernetzte Familie Bush auch an der Spitze der Hackordnung sehen, die anderen respektieren es nicht. Gut möglich, dass Jeb durch unangenehme Erinnerungen an den Irakkrieg seines Bruders George W., die manche seiner Parteifreunde am liebsten aus ihrem Gedächtnis streichen würden, noch zu Boden gezogen wird wie von einer zentnerschweren Last. Seine frühen Versuche, die heikle Klippe mit verbalen Sowohl-als-auch-Eiertänzen zu umschiffen, wirkten unbeholfener, als man erwartet hatte, zumal mit solchen Fragen zu rechnen war. Leistet er sich während des Debattenmarathons ähnliche Patzer, könnte die Konkurrenz rasch Oberwasser gewinnen.
Walker, der Gouverneur Wisconsins, versucht sowohl die religiöse Rechte als auch die Wirtschaftsfraktion der Wall-Street-Republikaner für sich einzunehmen. Letzteres mit dem Argument, dass er die Macht der Gewerkschaften in seinem Staat ähnlich drastisch beschnitt, wie es sein Idol Ronald Reagan 1981 gegenüber den Fluglosten vorexerzierte. Äußert sich Walker zu außenpolitischen Themen, klingt er indes fast so unbedarft wie Sarah Palin, die die geografische Nähe Alaskas zu Russland als Beleg weltpolitischer Erfahrung anführte.
Kasich, der Gouverneur Ohios, gibt sich als Praktiker, der es bereits als Kongressabgeordneter verstand, Kompromisse mit den Demokraten zu schließen. Zunächst aber müsste es ihm gelingen, sich in der lärmend populistischen Donald-Trump-Phase überhaupt Gehör zu verschaffen.
Marco Rubio, Jungsenator aus Florida, kubanische Wurzeln, spielt die Rolle des Newcomers, der die alten Seilschaften aufmischt - eine Art Barack Obama der Grand Old Party.

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