Drei Giftpfeile zum Abschied, das war's!

Berlin · Noch-Wirtschaftsminister Philipp Rösler verkündet optimistische Konjunkturzahlen. Der gescheiterte FDP-Chef verweist auf Sparerfolge der abgewählten schwarz-gelben Regierung. Und er hebt warnend den Zeigefinger: Union und SPD sollten den Aufschwung nun nicht mit teuren sozialen Wohltaten verspielen.

Berlin. Zum Abschied leise Servus? Wehmut? Nicht Philipp Rösler. Mit einem letzten professionellen, man könnte auch sagen glatten Auftritt verabschiedet sich der FDP-Chef und Vizekanzler gestern von der Öffentlichkeit. Pressekonferenz zur "Herbstprojektion der Bundesregierung" lautete das Thema.
Das ist die Wirtschaftsprognose für das nächste Jahr. Noch einmal zwei Bodyguards links und rechts vom Podium, noch einmal beflissen nickende Staatssekretäre und Abteilungsleiter an der Seite, noch einmal ein Kamerapulk vor der Nase. Noch einmal Erfolgszahlen. Rösler trägt sie mit sicherer Stimme vor, smart und selbstbewusst wie immer. Deutschlands Wirtschaft wächst nächstes Jahr um 1,7 Prozent, die Zahl der Erwerbstätigen steigt auf über 42 Millionen. "Die jetzige Bundesregierung hinterlässt wirtschaftspolitisch ein gutes Feld", sagt der 40-jährige Politiker.
Nur hinterlässt sie nicht den Wirtschaftsminister. Die FDP gehört dem Parlament nicht mehr an, Rösler nicht mehr der neuen Regierung. Bedauert er nun sein Wort von der "Anschlussverwendung", das er den arbeitslos gewordenen Schlecker-Frauen zuwarf? "Es geht hier um die Herbstprojektion der Bundesregierung", weicht er aus. Was wird aus ihm selbst? Er ist zwar ausgebildeter Facharzt, Augenheilkunde, aber das ist elf Jahre her, und er hat als solcher nicht praktiziert. Also welche Pläne hat er? "Das ist nicht Teil der Herbstprojektion der Bundesregierung", lautet erneut die Antwort. Wird er Angela Merkel raten, wenigstens symbolisch, den einen oder anderen FDP-Staatssekretär im Amt zu belassen? "Das gehört nicht zur Herbstprojektion der Bundesregierung." Die Gebetsmühle hat an diesem Tag einen Namen: Rösler. Und stets lächelt er dabei. Verlegen oder gar bedrückt wirkt er nicht. Im Gegenteil. Er redet laut, deutlich - und auf versteckte Weise aggressiv.
Drei kurze Bemerkungen zu den beginnenden Koalitionsverhandlungen wolle er noch machen, beginnt Rösler ganz harmlos, nachdem er die Zahlen abgearbeitet hat. Und zwar "aus wirtschaftspolitischer Sicht". Erstens teile er die Sorgen der deutschen Wirtschaft vor einer "Mauer um den Arbeitsmarkt" namens Mindestlohn. Der werde Jobs kosten. Zweitens habe gerade die Flexibilität am Arbeitsmarkt für Beschäftigungszuwächse gesorgt. Es dürfe keine neuen starren Regelungen geben. Und drittens sei zu befürchten, dass sich die neue Koalition von der bisherigen Politik der Haushaltskonsolidierung verabschiede. Damit breche dann ein wichtiges Standbein des wirtschaftlichen Wachstums weg. Es ist in Wirklichkeit die FDP-Sicht und es sind Giftpfeile gegen die Kanzlerin, von der er enttäuscht ist wegen ihres Umgangs mit ihm und seiner Partei, und weil sie sich jetzt so schnell der SPD annähert. Letzte Grüße eines Politikers, der, auch wenn er noch ein paar Wochen geschäftsführend amtieren wird, nicht mehr Teil irgendeiner Projektion darstellt. Nicht der Bundesregierung und auch nicht seiner eigenen Partei. Rösler wird wohl in die Wirtschaft gehen, vielleicht als Berater, vermutet man in seinem Ministerium. Für neue Führungsaufgaben bei den Liberalen ist er jedenfalls nicht mehr im Gespräch. Er beendet die Pressekonferenz nach nur 30 Minuten mit einem artigen Dankeschön an den Sitzungsleiter. Das war\'s.

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