Dreyers Anspruch: Politik für die Menschen

Trier · Die rot-grüne Landesregierung kommt laut Malu Dreyer bei politischen Dauerbaustellen wie dem Nürburgring, dem Flughafen Hahn oder der Kommunalreform gut voran, wenngleich die Probleme noch nicht gelöst seien. Die Ministerpräsidentin spricht aber lieber über ein "Chancenthema" wie den demografischen Wandel.

Zu Besuch beim TV: Chefredakteurin Isabell Funk (links) begrüßt Ministerpräsidentin Malu Dreyer zum Redaktionsgespräch. Im Hintergrund der stellvertretende Chefredakteur Peter Reinhart (Mitte), Chefreporter Bernd Wientjes (rechts) und Landeskorrespondent Frank Giarra.TV-Foto: Friedemann Vetter

Zu Besuch beim TV: Chefredakteurin Isabell Funk (links) begrüßt Ministerpräsidentin Malu Dreyer zum Redaktionsgespräch. Im Hintergrund der stellvertretende Chefredakteur Peter Reinhart (Mitte), Chefreporter Bernd Wientjes (rechts) und Landeskorrespondent Frank Giarra.TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. "Heimspiel" für Malu Dreyer: Nicht zum ersten Mal ist die Politikerin aus Trier am Donnerstag beim Trierischen Volksfreund zu Gast, aber erstmals als Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz. Sie wirkt noch nicht in allen Politikfeldern so sattelfest wie ihr langjähriger Vorgänger Kurt Beck, aber sie arbeitet sich offenbar akribisch in Sachverhalte ein. Zu den Themen vertritt sie dezidierte Ansichten.

Demografie: Ausbildung, Bildung, Arbeit: Das sind für die Menschen die wichtigsten Schlagworte, die sich mit diesem Thema verbinden. Die unterschiedlichen Voraussetzungen - in den Städten wie Mainz und Trier Bevölkerungszuwächse und hohe Mieten, im ländlichen Raum Bevölkerungsschwund und Verlust an Infrastruktur - erfordern nach Ansicht der Ministerpräsidentin eine differenzierte Strategie. "Es ist nicht leicht, diese zu entwickeln. Wir haben aber schon viel auf den Weg gebracht", sagt Malu Dreyer. Sozialminister Alexander Schweitzer koordiniere die Aktionen der Landesregierung auf Arbeitsebene. Es gebe eine interministerielle Arbeitsgruppe und ein Demografiekabinett, das kürzlich erstmals getagt habe.
Dreyer konstatiert, die Bürger hätten einen ausgeprägten Sinn für Gemeinschaft. Das lasse sich an den zahlreichen Ehrenamtlern im Land ablesen. Gleichzeitig erwarteten sie vom Staat, dass er für die Gestaltung des demografischen Wandels Verantwortung übernehme. Dabei sei das Geld "auf allen Ebenen knapp".
Strukturen müssten zusammengefasst, Förderinstrumente gestrafft und Fördermittel konzentriert werden. "Der Arzt wird künftig eben vier, fünf Orte weiter zu erreichen sein. Wir müssen organisieren, wie der Bürger da hinkommt", sagt Dreyer. Als erfolgreiches Projekt habe sich zum Beispiel der Bürgerbus erwiesen, der unter anderem in der VG Arzfeld in der Eifel unterwegs ist.

Kommunalreform:
Das Land hält laut Regierungschefin am Fahrplan fest. Das bedeutet: In Kürze bekommen die Verbandsgemeinden, die mit einem Partner fusionieren sollen, die Gesetzentwürfe zur Anhörung. "Manchmal ist es schwer nachzuvollziehen, warum sich zwei nebeneinander liegende Verbandsgemeinden mit aller Macht dagegen wehren", sagt Malu Dreyer. Ab 2014 bis 2019 werden die Karten neu gemischt. Dann geht es um den Zuschnitt der Landkreise und um die Stadt-Umland-Problematik. "Das drückt uns enorm, denn die Ressourcen sind ungleich verteilt", merkt die Regierungschefin an. Kein Landkreis könne "ein Interesse daran haben, dass das Oberzentrum in die Knie geht, denn dann leidet auch das Umland".
Dreyer will alles daransetzen, die zweite Stufe der Reform erfolgreich zu gestalten und dabei die oppositionelle CDU ins Boot zu holen. Deren langjährige Forderung nach einer umfangreichen Aufgabenkritik der verschiedenen Verwaltungsebenen stößt bei Dreyer auf offene Ohren. Die Gebietsreform in den 70er Jahren habe gezeigt: "Bei einem solchen Vorhaben macht es Sinn, dass alle Parteien an einem Strang ziehen."

Nürburgring:
So offen wie noch nie ein Mitglied der Landesregierung gibt Malu Dreyer zu: "Wir sind alle dabei, das Beste aus dieser sehr schwierigen Situation zu machen, und suchen nach einer guten Lösung für die Region." Die Ministerpräsidentin ist sich darüber im Klaren, dass die Menschen am Ring "nach wie vor extrem verunsichert" seien. Doch sie zeigt sich optimistisch, dass die Rettung der Eifel-Rennstrecke gelingt. Die Sanierer Thomas B. Schmidt und Jens Lieser leisteten seriöse Arbeit. Man hoffe nun, dass die EU-Kommission eine Ausnahme genehmige, um den Allgemeinnutzen des Rings gesetzlich festzuschreiben. Dreyer betont: "Das Land ist nicht in der Lage, in den Ring Geld zu investieren. Das ist die Wahrheit."

Flughafen Hahn:
Ähnlich wie beim Nürburgring gibt es laut Malu Dreyer "einen sehr guten, engen Kontakt mit Brüssel". Das sei positiv, um ein Zukunftsmodell zu entwickeln. Die SPD-Politikerin macht sich aber nichts vor: Der Wettbewerb der Fluggesellschaften sei riesig, mittlerweile gebe es auf fast jedem Flughafen Billigflüge. Außerdem sei das Frachtgeschäft rückläufig. Dreyers Schlussfolgerung: "Wir brauchen auf jeden Fall einen Privaten, der einsteigt." Ein Investor werde intensiv gesucht.

Das Amt der Ministerpräsidentin: Selten werden Politiker mit so vielen Vorschusslorbeeren bedacht wie die Sozialdemokratin Malu Dreyer. Hohes Podest, hohe Fallhöhe? "Darüber denke ich nicht nach", sagt die 52-Jährige. Sie freue sich, in den ersten 100 Tagen schon viel auf den Weg gebracht zu haben. Es bleibe allerdings der ständige Anspruch, Politik gut zum Nutzen der Bürger zu gestalten. "Mir ist es immer wichtig, die Sorgen und Nöte der Menschen zu erfahren."

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