Duell der Gigantinnen?

Washington. Die Antwort war so überraschend wie klar. "Natürlich würde ich mich freuen, Condoleezza Rice im Präsidentenamt zu sehen. Sie wäre großartig in dieser Position." So reagierte Amerikas First Lady Laura Bush am Wochenende auf eine Journalistenfrage zur möglichen Nachfolge ihres Mannes.

Zwar wiegelte Rice, als US-Chefdiplomatin mit Laura Bush gemeinsam zur Amtseinführung von Ellen Johnson Sirleaf als erste Präsidentin eines afrikanischen Staates in Liberia, am Montag noch ab: "Ihr Vorschlag ehrt mich, doch ich weiß, was ich gut kann und was nicht." Doch da im Weißen Haus üblicherweise nichts gesagt wird, ohne dass ein taktisches Kalkül dahinter steckt, wird das allgemein als klares Indiz dafür gesehen, das Land auf ein Duell der politischen Gigantinnen vorzubereiten: Condoleezza Rice gegen die frühere First Lady Hillary Clinton. Nicht zuletzt der selbstbewusste Auftritt Angela Merkels in Washington hat dafür gesorgt, dass sich in den USA die Bereitschaft verstärkt, 85 Jahre nach der Einführung des Frauen-Wahlrechts erstmals eine Frau ins "Oval Office" zu wählen. Sie hätten dann nicht nur die Wahl zwischen einer als progressiv geltenden Demokratin und einer konservativen Republikanerin, sondern auch zwischen einer Weißen und einer Farbigen. Als verbindendes Element zwischen Rice und Hillary Clinton gibt es jedoch den politischen Erfolg. Clinton, die den Bundesstaat New York auf dem Kapitol vertritt, hat sich als wohl einflußreichste Senatorin in Washington und eine der wichtigsten Stimmen der ansonsten eher zahnlosen Opposition etabliert. Umfragen zeigen, dass mittlerweile über 40 Prozent der Demokraten sie als Kandidatin für die Bush-Nachfolge wollen. Und da nach Ansicht der Demoskopen derzeit sogar die Hälfte der Amerikaner bereit wäre, Hillary Clinton an die Spitze des Staates zu wählen, überlegt man bereits heute in den Reihen der Republikaner, wie diese im Jahr 2008 anstehende Herausforderung zu meistern ist. Die Klaviatur des Wahlkampfs

Dick Morris, der frühere Berater von Präsident Bill Clinton, hat dem mutmaßlichen Duell soeben ein Buch ("Condi gegen Hillary") gewidmet und vertritt die Auffassung, dass allein Rice, die immer von einer Karriere als Konzertpianistin träumte, die Klaviatur des Wahlkampfs so beherrscht, dass sie die frühere First Lady schlagen könnte. Die These von Morris: Weil die in dem Südstaat Alabama geborene Rice schwarz und weiblich ist, wäre sie in der Lage, die traditionellen Stammwähler der Demokraten - also Farbige und Frauen - für sich zu gewinnen. Ein Vorteil, den Morris anderen potenziellen Kandidaten der Bush-Partei, darunter dem früheren New Yorker Bürgermeister Rudolph Giuliani und dem Senator und Vietnam-Kriegsheld John McCain, abspricht. Auch die Negativ-Schlagzeilen der Bush-Regierung - von den nicht auffindbaren Massen-Vernichtungswaffen im Irak bis hin zur jüngsten Abhöraffäre ohne richterliche Erlaubnis - haben am Image von Condoleezza Rice kaum gekratzt. "Sie ist zwar eine enge Vertraute von Bush, doch wird sie in der Öffentlichkeit zumeist als eigenständige Politikerin wahrgenommen", beschreibt William Kristol vom "Weekly Standard" dieses Phänomen. Hillary Clinton bemüht sich ebenfalls um ein klares Profil - manchmal zum Leidwesen der eigenen Partei. So gibt es klare Indizien dafür, dass sich die vor sechs Jahren zur Senatorin gewählte Juristin als "Politikerin der Mitte" etablieren will, um ihrerseits an der Stammwählerschaft der Republikaner zu knabbern. Zwar hat auch Hillary Clinton bisher nicht offiziell ihre Ambitionen erklärt, doch es gibt bereits ein Vorbereitungs-Komittee für ihren Wahlkampf. Und die sich bisher offiziell noch zierende Condoleezza Rice? "Wenn Bush sie höchstpersönlich bittet", prophezeit Washington-Insider Dick Morris, "wird sie nicht Nein sagen".

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