Ein bisschen Wehrpflicht

BERLIN. Grün lobt Rot: Die jüngsten Überlegungen in der SPD-Fraktion über ein Kompromissmodell zur Wehrpflicht sind vom kleinen Koalitionspartner mit Genugtuung aufgenommen worden.

Im Gegensatz zu den Sozialdemokraten machen sich die Grünen seit Jahren für eine Freiwilligenarmee stark. In diese Richtung zielt nun auch ein Vorschlag aus der Arbeitsgruppe Sicherheitspolitik in der SPD-Fraktion, der nach Informationen dieser Zeitung im Verteidigungsministerium geprüft wird. Das Modell sieht zwar keine generelle Abschaffung der Wehrpflicht vor. Eine zwangsweise Einberufung würde aber praktisch auf ein Minimum begrenzt. Nach dem Vorbild Dänemarks könnten die jungen Männer auch weiter gemustert werden. Sie müssten sich allerdings zunächst nur an einem bestimmten Tag in den Kasernen einfinden, um das Ausbildungsprofil kennen zu lernen. Auf diese Weise rekrutiert das Nachbarland in aller Regel genügend Freiwillige. Bei personellen Engpässen bliebe aber auch eine Auswahlwehrpflicht möglich, um die Lücke zu schließen. Wer seinen Dienst freiwillig leistet, soll von einem Bonussystem profitieren. Neben einer besseren Bezahlung winken Vorteile beim Erhalt eines Arbeits- oder Studienplatzes. Nach Einschätzung in Regierungskreisen könnten mit diesem Modell sowohl Gegner als auch Befürworter der Wehrpflicht ihr Gesicht wahren. Ein Kompromiss wäre auch im Hinblick auf den SPD-Bundesparteitag im November geboten. Dort ist bislang eine Kampfabstimmung über die Wehrpflicht vorgesehen. Bei der dänischen Lösung gibt es allerdings noch zahlreiche Stolpersteine. Wehrexperten befürchten, dass nicht genügend Freiwillige zusammen kommen und der Rekruten-Nachwuchs dringend benötigte Fachkenntnisse vermissen lässt. "Wir müssen alles rechtlich abklopfen", heißt es im Verteidigungsministerium. Der Bundeswehrverband hat schon grundsätzliche Bedenken angemeldet. Erst vor wenigen Wochen sei die Schließung weiterer Standorte bekanntgegeben worden. "Wenn jetzt ein neues Konzept kommt, bringt das wieder Unruhe in die Truppe", sagte Vize-Verbandschef Wolfgang Ostermeier unserer Zeitung. Der verteidigungspolitische Experte der FDP, Günther Nolting, sprach von einem "faulen Kompromiss". Sein grüner Fachkollege Winfried Nachtwei ist indes voll des Lobes, "dass die SPD offensichtlich im großen Stil alte Positionen räumt". Beide Parteien bewegten sich in dieser Frage aufeinander zu.

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