Ein bitterer Sieg

Gewissträumt der Mensch gern von dem Wunder, das doch noch geschieht,vom "deus ex machina", dem unerwarteten Helfer, der am Ende alleszum Guten wendet. Doch die unverhoffte Wende wird ein Traumbleiben. Der Krieg der Supermacht USA gegen den militärischenZwerg Irak ist beschlossene Sache. Über die Ziele der USA, denFall Saddam, die Weltordnungs-Mission des Präsidenten Bush, denStreit der Bellizisten gegen die Pazifisten und die verzweifelteRolle der Uno ist schon (fast) alles gesagt worden. Aber waskommt nach dem Krieg, in welcher Weise wird er die Weltverändern? Kann sich nach dem "day after" wieder einrenken, wasin dem Kampf um die Legitimation des Krieges ausgerenkt wordenist? Kann die Weltgemeinschaft wieder zur Tagesordnung übergehen?Die Antwort setzt keine prophetische Gabe voraus: Nichts mehrwird so sein, wie es war. Dieser Krieg wird den Globus neustrukturieren, politisch, psychologisch, vielleicht sogargeografisch. Er wird die Vormachtstellung der Vereinigten Staatenauf unabsehbare Zeit zementieren, und die Kluft zwischen der"Koalition der Willigen" und dem Rest der Welt vertiefen. Und erkann der Uno ein Stück Würde nehmen. Bushs Logik, nur eine Uno,die der amerikanischen Position folgt, behalte ihre Autorität,ist in ihrer Tatsachenverkehrung jedenfalls absurd. Der Kriegwird weitere "Kollateralschäden" anrichten. Er wird, im Falleines amerikanisch-britischen Alleingangs, das Völkerrecht mitFüßen treten, weltweit Anti-Amerikanismus produzieren und demTerrorismus neue Nahrung geben. Und er wird Tod und Zerstörungüber die Irakis bringen. Bush will diese Opfer in Kauf nehmen,weil er übergeordnete Interessen geltend macht: Die Liquidierungdes Mega-Verbrechers Saddam, die Befreiung des irakischen Volkesvom Tyrannen, der Versuch der Demokratisierung einer totalitärbeherrschten Region. Diese fraglos richtigen und wünschenswertenZiele machen es nahezu unmöglich, grundsätzlich gegen den Kriegzu sein. Denn der moralische Anspruch der Gutmenschen darf sichnicht auf das pazifistische Prinzip beschränken, sondern mussauch die Belange des irakischen Volkes wie dieSicherheitsinteressen anderer Länder berücksichtigen. Auch wenndie Gefahr "für die Welt", die von Saddams Waffenarsenal ausgeht,von den USA dramatisiert wird. Auch Bush und Blair wissen: NachAnsicht des weitaus größten Teils der Weltbevölkerung sprechenmehr Gründe gegen als für den Krieg. Doch demokratische Impulsespielen dabei keine Rolle, weil sie von sicherheitspolitischenund machtstrategischen Erwägungen überlagert werden. Gleich wiedas beispiellose Ringen im Sicherheitsrat ausgeht: Es wird einbitterer Sieg, den die USA beim Feuersturm auf Bagdad erringenwerden. nachrichten.red@volksfreund.de

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