"Ein entsetzlicher Knall"

Wie betrunken war der Unfallfahrer aus der Eifel, der im vergangenen Jahr ein befreundetes Ehepaar überfahren und dabei getötet hat? Gestern begann in Trier der Prozess gegen den 32-Jährigen.

 Unfallfahrer Arno B. (links) mit seinem Bonner Anwalt Michael Hasslacher. TV-Foto: Friedemann Vetter

Unfallfahrer Arno B. (links) mit seinem Bonner Anwalt Michael Hasslacher. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Es ist kein leichter Gang, den Arno B. an diesem Morgen vor sich hat, als er kurz vor neun Uhr zusammen mit seinem Anwalt Michael Hasslacher den Saal 70 des Trierer Landgerichts betritt. Der 32-Jährige zittert, weint, ist hochrot im Gesicht. "Halb Lambertsberg" sitzt im Saal. Nicht nur Arno B. stammt aus dem 300-Seelen-Dorf im Eifelkreis Bitburg-Prüm. Auch die, die am Morgen des 15. Juli vergangenen Jahres durch ihn zu Opfern wurden. Der selbstständige Dachdeckermeister mit eigener Firma (sieben Beschäftigte) rast auf der Nachhausefahrt von einem Dorffest mit seinem 170 PS starken BMW auf der Kreisstraße 130 in drei Fußgänger. Ein Ehepaar, 44 und 48 Jahre alt, ist sofort tot, ein 46-Jähriger überlebt schwer verletzt (der TV berichtete). Eine Horror-Situation, wie sie letztlich jedem Autofahrer passieren kann. Kurz vor dem Unfall hat er mit den dreien noch auf dem Fest gefeiert. Unter den Zuschauern im Gerichtssaal sind auch die erwachsene Tochter und der Sohn des Ehepaares. Sie treten als Nebenkläger auf, genauso wie der einzige Zeuge des Unfalls, der 46-Jährige. Gleich vier Sachverständige sitzen B. gegenüber, ein Verkehrsgutachter, ein Rechtsmediziner, ein Psychiater, ein Psychologe. Sie sollen klären, ob der als Raser bekannte und sich selbst als "zügigen Fahrer" bezeichnende Eifeler an jenem Abend zu viel getrunken hatte. Angeklagter leugnet nicht seine Schuld

Bei dem Prozess geht es nämlich nicht um die Unschuld von B. Er leugnet nicht, dass er an der Tragödie schuld ist. Es geht um die Schwere der Schuld. War er beim Unfall betrunken, wovon Oberstaatsanwalt Hans-Peter Hemmes überzeugt ist, dann droht ihm eine Gefängnisstrafe. Mehrere Besucher des Festes, darunter der bei dem Unfall Schwerverletzte, wollen wissen, dass der damals 31-Jährige "auf keinen Fall nüchtern" gewesen ist. Bekannte sollen - kurz bevor er losfuhr - angeboten haben, ihn nach Hause zu fahren, weil er angeblich betrunken war. Trotzdem bleibt B. beharrlich dabei, den ganzen Abend, selbst auf einem Richtfest im 50 Kilometer entfernten Landscheid, "nur" Radler, Cola-Bier und ein, zwei Cola-Asbach getrunken zu haben. Er habe sich an dem Abend nicht gut gefühlt, sagt B. Seine chronische Darmerkrankung samt Durchfall und eine Entzündung in den Füßen hätten ihn geplagt. Daher habe er nicht viel trinken können. Dabei schildert sich B. selbst als jemanden, der alle "drei, vier Wochen" mal so richtig einen über den Durst trinkt. Nein, er habe sich nicht besoffen gefühlt, allenfalls übermüdet, sagt der unsicher wirkende Handwerker. Er sei vielleicht zu schnell gefahren, die drei Fußgänger auf der rechten Seite habe er nicht gesehen, weil er mit seinem Autoradio oder CD-Spieler beschäftigt gewesen sei. Dann habe er einen "entsetzlich lauten Knall" gehört. B. will aber angeblich nicht realisiert haben, was passiert ist, selbst nicht, als Kälte durch die zerborstene Windschutzscheibe, auf die die 44-jährige Frau mit voller Wucht geprallt ist, ins Auto dringt. Er habe an einen Wildunfall gedacht. Trotzdem fährt er ohne anzuhalten weiter: "Ich wollte einfach nur weg." Warum, das bleibt unklar. Als er auf dem Beifahrersitz einen blutigen Hautfetzen mit Haaren findet, gerät er in Panik, ruft die Polizei an, meldet den Unfall aber unter falschem Namen. Stundenlang irrt er ziellos in der Nähe seines Heimatortes umher. Erst zehn Stunden nach dem Unfall wird er von der Polizei bei Bekannten gestellt. B. versucht wohl noch zu fliehen. Null bis 0,3 Promille werden zu diesem Zeitpunkt bei ihm festgestellt. Der Prozess wird am Donnerstag nächster Woche fortgesetzt.

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