Ein Exot, der keiner mehr ist

TRIER. Dass sie ihren Obulus zur Sanierung des katholischen Gesundheitskonzerns leisten müssen, ist für die 5000 Mitarbeiter der Caritas Trägergesellschaft Trier (ctt) nichts Ungewöhnliches. Was vor Jahren noch etwas Besonderes war, hat mittlerweile den Hauch des Exotischen verloren. In Zeiten leerer Gesundheits- und Pflegekassen sind längst andere Träger dem Beispiel der ctt gefolgt.

Wenn Jürgen Müller, Vorsitzender der ctt-Gesamtmitarbeitervertretung (GMAV), Anfang März im bayerischen Eichstätt mit Kollegen anderer kirchlicher Einrichtungen zusammentraf, wurde er in der Vergangenheit stets ein wenig bedauert. Jürgen Müller, oberster Mitarbeitervertreter von 5000 Beschäftigten in 33 ctt-Kliniken und Seniorenheimen, berichtete von einer ctt-internen Besonderheit, die andere allenfalls vom Hören-Sagen kannten: Gehaltsverzicht.Schon seit 1997 - damals hatte bei dem katholischen Trierer Gesundheitskonzern noch der allgewaltige Hans-Joachim Doerfert das Kommando - werden die Mitarbeiter regelmäßig zum Opferstock gebeten, weil es der ctt finanziell nicht gut geht.

Was Doerfert ersann, führten nach dessen "Entzauberung" auch seine vom damaligen Trierer Bischof Hermann Josef Spital entsandten Nachfolger Peter Schuh und Dirk Wummel fort - wenn auch in abgeschwächter Form. Wegen "akuter Zahlungsschwierigkeiten" wurde 2002 die Auszahlung des Weihnachtsgeldes gesplittet.

Keine Gehaltserhöhungen und weniger Urlaubsgeld gegen Job-Garantie hieß es dann vor zwei Jahren unter dem neuen Führungstrio Thomas Thiel, Günter Merschbächer und Burkhard Nauroth. Sie hatten ihre Posten angetreten, nachdem ein katholisches Dreierbündnis (Marienhaus GmbH Waldbreitbach, Barmherzige Brüder Trier und Franziskanerbrüder Hausen/Wied) der ctt zu Hilfe geeilt war.

Der oberste Mitarbeitervertreter Jürgen Müller hat gemeinsam mit seinen Kollegen in den letzten zehn Jahren unzählige Male mit ctt-Beschäftigten und Vorständen über die Sparmaßnahmen diskutiert - und ist oft angefeindet worden, von beiden Seiten. Auch bei der jährlichen kirchenrechtlichen Fachtagung im bayerischen Eichstätt war die Trierer Trägergesellschaft Dauer-Thema - zumindest bei den inoffiziellen Gesprächen im Kollegenkreis. Als bundesweit erste Einrichtung hatte der katholische Gesundheitskonzern vor zwei Jahren von der Not-Öffnungsklausel in der Vergütungsregelung des Deutschen Caritasverbands Gebrauch gemacht - zum damaligen Zeitpunkt eine Horrorvorstellung für die Mitarbeitervertreter anderer Einrichtungen.

Doch die Zeiten haben sich geändert: Angesichts allenthalben leerer Kassen im Gesundheits- und Pflegebereich sind längst viele andere Träger dem ctt-Beispiel gefolgt und vereinbaren vom kirchlichen AVR-Tarif abweichende Vergütungsmodelle für ihre Einrichtungen. Mitarbeitervertreter Klaus Koch (ctt-Verbundkrankenhaus Bernkastel-Kues/Wittlich) weiß von "bundesweit 250 Dienstvereinbarungen", die von der zuständigen Caritas-Kommission genehmigt worden seien.

Geht es einem Unternehmen schlecht, darf (auf Antrag und nach Prüfung) bis zu 15 Prozent unter AVR-Tarif bezahlt werden. Vor diesem Hintergrund hätte es die ctt-Mitarbeiter, die in den nächsten drei Jahren auf sieben bis neun Prozent Gehalt verzichten müssen, im schlimmsten Fall sogar noch härter treffen können.

Bedauert wird Müller in Eichstätt von seinen Kollegen mittlerweile übrigens nicht mehr, wie er sagt - "höchstens gefragt, wie wir die Sache bei uns verhandelt und umgesetzt haben".

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