Ein fast gelöstes Rätsel

Die Milzbrand-Anschläge, die 2001 die USA terrorisierten, stehen kurz vor der Aufklärung. Ein Wissenschaftler der US-Army verübte Selbstmord, nachdem das FBI ihm mitteilte, es plane, Anklage gegen ihn zu erheben.

Washington. ( TSP) Das Pentagon überschüttete Bruce E. Ivens (62) zu Lebzeiten mit Ehren. 2003 erhielt der renommierte Forscher des Biowaffen-Labors der Army in Fort Detrick die höchste zivile Auszeichnung. Ein Dankeschön für die Leistungen bei der Entwicklung eines Impfstoffs gegen den Milzbrand-Erreger. Das Militär vertraute dem Mikrobiologen so sehr, dass es ihn in die internen Ermittlungen des Anthrax-Mysteriums einbezog.

Weitere Einzelheiten könnten bald bekannt werden



Nach seinem Tod steht derselbe Ivens nun im dringenden Verdacht, der Urheber des Terrors zu sein, der die Nerven der Amerikaner bloßlegte. Die standen noch unter Schock des 11. September, als bei Nachrichtenmedien sowie in den Büros von Kongressabgeordneten Briefe auftauchten, die mit Anthrax-Sporen verseucht waren. Fast zwei Dutzend Empfänger und Mitarbeiter der Post steckten sich an dem Bakterium an. Fünf Personen kamen ums Leben.

Die amerikanische Bundespolizei FBI tappte lange Zeit im Dunkeln. Dann nahm sie einen anderen Wissenschaftler desselben Labors vor den Toren Washingtons ins Visier. Zu Unrecht, wie sich bald herausstellte. Nur leider hatten die Behörden den Namen des Verdächtigen bereits an die Presse lanciert. Steven Hatfill klagte wegen der öffentlichen Vorverurteilung und Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte gegen die Regierung und erhielt im Juni dieses Jahres 5,82 Millionen US-Dollar Schmerzensgeld zugesprochen.

In der Zwischenzeit hatten die Ermittler des FBI schon längst ihr Augenmerk auf Ivens gerichtet, dessen Verhalten Kollegen nach Abschluss des Hatfill-Prozesses als "äußerst dünnhäutig" beschrieben. Der Wissenschaftler erlitt einen mentalen Zusammenbruch und landete in einer Klinik, die ihn wegen Depressionen behandelte.

Unklar bleibt, ob Ivens zu diesem Zeitpunkt bereits wusste, dass das FBI Anklage gegen ihn vorbereitet. Oder ob er davon erst nach seiner Entlassung am 24. Juli erfuhr. Der Spitzenforscher der Army geriet in Verdacht, nachdem FBI-Direktor Robert Mueller die Chef-Ermittler austauschte.

Das neue Ermittler-Team des FBI kehrte zu Spuren zurück, die ihre Vorgänger unbeachtet ließen. Da die Ermittlungen bereits zur Anklage gebracht werden können, dürften in den kommenden Tagen weitere Einzelheiten bekannt werden.

Ob sie das Rätsel um den Anthrax-Terror lösen, muss abgewartet werden. Zum jetzigen Zeitpunkt ist nur sicher, dass der Verdächtige, nichts mehr zur Aufklärung beitragen kann. Er starb an einer Überdosis an Schmerzmitteln.

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