Ein Hauch von Abgesang

BERLIN. (has) Edmund Stoiber feiert in Berlin seinen Geburtstag nach – und bekommt den Gegenwind aus der eigenen Partei zu spüren. Schmucklos begeht die CDU-Landesgruppe den 65. ihres Vorsitzenden.

Dem "lieben Edmund" ist die ganze Chose nicht geheuer. Das sieht man. Der Jubilar hat ständig die Arme vor der Brust verschränkt, dann blickt er skeptisch von unten nach oben über die Ränder seiner Brille zum Rednerpult. Während über ihn und zu ihm gesprochen wird, kippelt Edmund Stoiber von den Hacken auf die Zehenspitzen und zurück. Manchmal reckt sich der Ober-Bayer dabei wie ein Feldherr, der Ausschau nach seinen Berliner Truppen hält. Ja, wo sind sie denn? Kaum einer mehr da. Blaskapelle, volles Haus, Remmidemmi, eigentlich sind die Bayern in Berlin für ihre zünftigen und fröhlichen Feste berühmt. Da geht man gerne hin. Doch diesmal herrscht kühle Nüchternheit - und das ausgerechnet beim Geburtstagsempfang der CSU-Landesgruppe für ihren seit wenigen Wochen 65 Jahre alten Parteivorsitzenden. Noch nicht einmal die bayerische Fahne hängt irgendwo schlapp im halb leeren Atrium der Landesvertretung herum. Geschweige denn, dass ein paar bunte Pflänzchen ein wenig heimelige Stimmung verbreiten. Nur ein weißes Blumengebinde ist lieblos vor dem Rednerpult drapiert worden. Man mag sich gar nicht ausmalen wollen, wie die Landesgruppe den 70sten des Patriarchen feiern wird. Absicht? Es sind ja auch ein paar Journalisten eingeladen worden, die sofort munter drauflos feixen. "Klein aber fein", sei die einstündige Feier, betont CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer. Im Anschluss an das Fest ist eine Arbeitssitzung geplant. Als der Ministerpräsident jedoch das schmucklose Szenario betritt, ist die Begrüßung entsprechend: Kein Jubel, kaum Applaus, die Zeiten der Triumphmärsche sind längst vorbei. Von Amts wegen kann Stoiber sich wirkungsvoll querstellen. Wenn der weißhaarige Löwe jedoch brüllt, erschrickt man sich vielleicht noch in München, aber schon lange nicht mehr in Berlin. In der Hauptstadt ist die Luft für Stoiber dünn geworden, sehr dünn. Die Abgeordneten der Unionsfraktion winken nur ab, wenn man sie nach "Dr. No" fragt. Seine Alleingänge, die ewigen Monologe: Die Leidensfähigkeit der meisten Parlamentarier ist ausgereizt. Und so kommt es, dass beim Geburtstagsempfang ein amüsiertes "Ho, Ho, Ho" der Gäste zu hören ist, als Ramsauer ausgerechnet von Stoiber als "einem Pontifex Maximus der großen Koalition, einem Brückenbauer" spricht. Die Bratwürstchen und der Leberkäse, die in kleinen Schälchen serviert werden, riechen nach Abgesang. Angela Merkel, die Kanzlerin, hält eine launige Rede. "Du bist beharrlich, mit leichtem Hang zur Störrischkeit", sagt sie. Stoiber sei im Laufe der Jahre "milder" geworden; da muss selbst er grinsen. Und: "Ich bin froh, zwischendurch Zeichen der Lebensfreude bei dir erkennen zu können", stichelt Merkel. Welche das sind, lässt sie allerdings offen.

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