Ein Hauch von Lahnstein

Was die Unterhändler von Regierung und Union bei ihrem ersten gesundheitspolitischen Abtasten zu Wege brachten, ist mehr, als die Republik erwarten durfte. Der verabredete Fahrplan für eine gemeinsame Gesundheitsreform räumt gleich drei Stolpersteine aus dem Weg. Erstens: Die SPD beharrt nicht mehr auf einer "Feuerwehrlösung" bis Anfang Juli. Mit einer schnellen Verabschiedung kraft rot-grüner Bundestagsmehrheit wären die Chancen für einen Konsens garantiert gegen Null gegangen. Zweitens: Die Länder sind von Anfang an mit im Boot. Besonders Angela Merkel wird ihr Augenmerk auf eine Einigung im Bundestag gerichtet haben, denn als Fraktionschefin der Union hat sie die Fäden dafür in der Hand. Doch was nützt der schöne Erfolg, wenn ihn Merkels Widersacher Roland Koch in der Länderkammer zunichte machen könnte? Durch die Einbindung des Bundesrates sind solche Extratouren ausgeschlossen. Und drittens: Der zeitliche Horizont für die Verabschiedung der Reform reicht bis in den Oktober. Das bedeutet, eine Einigung kann nicht mehr durch die zuvor stattfindende Bayern-Wahl hintertrieben werden. Die Rahmenbedingungen sind also denkbar günstig. Und schon weht ein Hauch von Lahnstein durch die Flure der Berliner Politik. In dem beschaulichen Ort wurde bereits vor 13 Jahren eine parteiübergreifende Gesundheitsreform auf den Weg gebracht, die im Kern bis heute Bestand hat. Das Gegenbeispiel lässt sich aber auch sofort finden: Bei der jüngsten Rentenreform von Walter Riester suchten Rot-Grün und Union ebenfalls nach Gemeinsamkeiten, um sich am Ende gegenseitig der Betonköpfigkeit zu bezichtigen. Inzwischen haben sich freilich die wirtschaftlichen Probleme im Land verschärft. Das erhöht den Druck zur Einigung. nachrichten.red@volksfreund.de

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