Ein Herz für kleine Dörfer auf dem Land

Mainz · Mächtiger Mann: Der neue Innenminister Roger Lewentz verantwortet auch die Bereiche Kommunales, Infrastruktur, Sport und Verkehr. Er ist zuständig für 18 000 Mitarbeiter und ein Budget von 2,7 Milliarden Euro.

Mainz. Auf dem schönen Domfreihof in Trier sitzen zwei Männer an einem Tisch und diskutieren. Den einen kennen die meisten Einheimischen, es ist Oberbürgermeister Klaus Jensen. Den anderen werden sie kennenlernen, denn Innenminister Roger Lewentz entscheidet, wenn Kommunen ein Projekt planen und Geld aus Mainz benötigen.
Lewentz - verheiratet, vier Kinder - kennt auch die Seite der Bittsteller. Zwölf Jahre lang war er Ortsbürgermeister von Kamp-Bornhofen, einer kleinen Gemeinde mit rund 1700 Einwohnern im Rhein-Lahn-Kreis. Dort wohnt der 48-Jährige noch immer, fährt jeden Abend nach der Arbeit nach Hause zur Familie. "Ich habe ein Herz für den ländlichen Raum", bekennt er.
Dass er sich dennoch für seine erste Reise als Minister ein Oberzentrum wie Trier ausgesucht hat, hängt damit zusammen, dass Lewentz sich bis zum Sommer schnell viele Projekte ansehen will, um sich einzuarbeiten und eine eigene Position zu finden. Dabei will er in Trier und in der Eifel "auch mal abends inkognito an der Theke lauschen".
Bei kleinen Dörfern auf dem Land sieht der Minister künftig die größten Herausforderungen. Er stellt sich der Aufgabe, Arbeitsplätze vor Ort zu erhalten und gegen die Landflucht zu kämpfen, die im Zeichen des demografischen Wandels mehr denn je droht. Zuständig zu sein für die Infrastruktur heißt über Finanzmittel aus Programmen der Dorferneuerung oder der Städtebauförderung ebenso zu verfügen wie für die Breitbandversorgung, also schnelles Internet. Lewentz schwebt eine Förderung aus einem Guss vor, wenn Schwimmbäder, Jugendzentren, Bürger- oder Rathäuser bezuschusst werden sollen. Pilotprojekte wie Bürgerbus und Rufbus will er vorantreiben.
Man weiß im Ministerium sehr wohl, dass Vorgänger Karl Peter Bruch Kommunen gerne Fördermittel versprach. "Er hat sein Herz in die Fläche getragen und wollte helfen, wo er konnte", sagt Lewentz dazu. Und wie ist es nun damit? "Wenn es eine grundsätzliche Förderzusage gab, stehen wir dazu. Allerdings müssen das Konzept und die Eigenfinanzierung stimmen."
Widerstände bereits spürbar


Welche Widerstände drohen, hat Roger Lewentz bereits zu spüren bekommen. Wenig überraschend, dass es um konfliktträchtige Verkehrsprojekte ging, als sich die ersten Bürgerinitiativen gemeldet haben. Die neue rot-grüne Landesregierung will Neubauten vermeiden und setzt auf den Erhalt der Straßen sowie die Förderung von Bus, Bahn und Rad. "Wir haben im Land ein Straßennetz von 18 000 Kilometern Länge, sind also bereits gut verbunden", sagt Lewentz.
Der Minister versichert, dass es trotz des Sparzwangs im Zeichen der Schuldenbremse "kein generelles Aus für Ortsumgehungen gibt". Immerhin dienten solche Vorhaben auch dem Lärmschutz, den die Koalition ausdrücklich ausbauen wolle.
Zurück zum Sparen: Da Lewentz über ein Budget von 2,7 Milliarden Euro verfügt - im alten Innenministerium waren es nur 1,5 Milliarden - entfällt auf dieses Ressort ein großer Anteil. Weniger Personal bei der Polizei und den Katasterämtern ist bereits angekündigt. Darüber hinaus gibt es eine Rotstiftliste mit 400 Positionen, verrät Lewentz. Sämtliche Details werden erst nach der Sommerpause offenkundig werden, wenn im Landtag die Beratungen des Doppelhaushalts beginnen. "Der Etat wird die Schuldenbremse voll abbilden", sagt der Minister. "Alle werden spüren, dass wir den Gürtel enger schnallen müssen."
Mancher ist bereits im Ministerium vorstellig geworden. Lewentz hat zum Beispiel gerade ein Gespräch mit Fred Pretz, dem Präsidenten des Sportbunds Rheinland (SBR), geführt. Der SBR warnt vor drastischen Folgen für die Sportvereine, nachdem infolge einer ausgeweiteten Haushaltssperre schon weniger Fördermittel fließen. Zuschüsse für Jugendliche und Übungsleiter sowie für den Kauf von Sportgeräten und Bau von Sportanlagen müssten gekürzt werden. "Die Vereine sind zum Glück sehr selbstständig. Wir werden eine Wegstrecke bis 2016 beschreiben, die auch die Einsparungen beinhaltet, und Verlässlichkeit aufzeigen", erklärt der Minister.
Auf einem anderen Gebiet registriert man im Ministerium Bewegung: In der Kommunal- und Verwaltungsreform gebe es nach der Landtagswahl stärkere Bestrebungen zum Zusammenschluss von Verbandsgemeinden. Bis Mitte 2012 gilt die Freiwilligkeitsphase, "und nur so lange gibt es die sogenannte Hochzeitsprämie und Geld für Projekte", sagt Lewentz.
Eine Warnung folgt in der ihm eigenen freundlichen und verbindlichen Art: "Nach der Freiwilligkeitsphase werden Parlament und Regierung entscheiden. Bis zur Kommunalwahl 2014 muss alles in trockenen Tüchern sein."

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