Ein innenpolitische Farce

So chaotisch, wie die Diskussion über den Libanon-Einsatz bisher verlief, ist eine positive Identifikation mit dieser Auslandsmission kaum noch möglich. Die Regierung ist daran nicht schuldlos. Wenn Deutschland gefragt werde, dann könne es sich nicht verweigern, meinte Verteidigungsminister Franz Josef Jung Mitte Juli.

Er sagte dies, als Deutschland noch nicht gefragt worden war, und als man noch von einem robusten Einsatz im Südlibanon ausging. Jungs Position berührte das deutsche Tabu, das eine Konfrontation deutscher mit israelischen Soldaten aus historischen Gründen verbietet. Sie erzeugte Gegenwehr und bot zum Beispiel CSU und FDP die Chance, sich billig abzusetzen. Die Kanzlerin ließ die Diskussion wabern. Sie blieb im Urlaub. Dass sie am Mittwoch, nach der Koalitionsrunde von Bayreuth, ungerührt in die Oper ging, wird ihr noch nachhängen. Angela Merkel hätte die doppelte Grundsatzentscheidung schon früher treffen und abklären können: Dass Deutschland sich aktiv beteiligt, ja, aber dass es jede Möglichkeit einer Konfrontation mit Israel meidet. Sie hätte die Debatte lenken müssen. Sie tat es nicht. Die Opposition nutzt das Vakuum für fragwürdige Profilierungsversuche. Man lese nur die Erklärung des FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle von gestern. Einmal lehnt er den Einsatz "bewaffneter deutscher Soldaten im Nahen Osten" ab, im nächsten Satz "im Nahen Osten an der Grenze zu Israel". Das ist sehr absichtsvoll, denn an der Grenze zu Israel soll ja kein deutscher Soldat stehen. Wohl aber im Nahen Osten, nämlich auf Schiffen an der Küste vor Beirut. Westerwelle verhält sich wie der Gast, der mit dem Vorsatz bestellt, in jedem Fall ein Haar in der Suppe zu finden. Zur Not wirft er selbst eins hinein. Die FDP will Nein sagen, begründe es sich, wie es wolle. Im Übrigen: Gibt es eigentlich auch unbewaffnete deutsche Soldaten? Man muss sich fragen, was aus den Liberalen geworden ist, die jahrzehntelang den deutschen Außenminister gestellt haben und mit Wolfgang Gerhardt auch in dieser Legislaturperiode stellen wollten. Ein anderes Haar in der Suppe, ein klitzekleines, haben die Grünen gefunden. Die Informationspolitik. Weil es nun einmal so ist, dass in einem solchen Prozess nicht alles immer schon geplant ist, konnte die Regierung der Opposition bisher keine Details des Einsatzes mitteilen. Der grüne Vorwurf, dass heimlich Tatsachen geschaffen würden, ist wohlfeil. Dafür, dass der Libanon-Einsatz hierzulande bisher nicht viel mehr als ein willkommenes Objekt für innenpolitisches Geplänkel auf der einen und eine unwillkommene Störung der Sommerruhe auf der anderen Seite ist, spricht auch eine andere Tatsache. Wäre es nicht so, wären längst Experten unterwegs, um die Ölpest vor Beirut zu bekämpfen. Gänzlich unbewaffnet übrigens. nachrichten.red@volksfreund.de

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