Ein kurzer Warnschuss ohne Bodentruppen

Washington · Nachdem sie davon überzeugt sind, dass das Regime in Damaskus für einen Giftgaseinsatz im Bürgerkrieg verantwortlich ist, treiben die USA die Planungen für einen Militärschlag gegen den syrischen Machthaber Assad voran.

Washington. Es soll ein kurzer Angriff werden, der vermutlich nicht länger als zwei Tage währen wird. Ausgeführt werden soll er mit seegestützten Cruise Missile-Marschflugkörpern oder - weniger wahrscheinlich - mit Langstreckenbombern. Und zwar auf Ziele in Syrien, die nicht in direktem Zusammenhang mit dortigen Chemiewaffenarsenalen stehen.
Diese Details über die sich mehr und mehr konkretisierenden Planungen von US-Präsident Barack Obama für einen Militärschlag gegen das Assad-Regime veröffentlichte gestern die gewöhnlich gut informierte US-Zeitung Washington Post. Es wäre eine Strategie, die zum Image Obamas als einem zurückhaltenden Krieger passt: Der Demokrat und Friedensnobelpreisträger hat schließlich nicht nur den US-Einsatz im Irak beendet, sondern er will auch das Kampftruppen-Engagement in Afghanistan bis Ende 2014 zum Abschluss bringen. In Reden hat Obama immer wieder versichert, die Ära der Kriege im Kampf gegen den Terror neige sich dem Ende zu - auch weil sich das Terrornetzwerk Al Kaida auf der Flucht befinde.
Auch Al Kaida würde profitieren


Dass Obama mit einer kurzen Operation gegen Assads Militärs auch mutmaßliche Al-Kaida-Mitglieder unterstützen würde, die an der Seite der syrischen Rebellen kämpfen, gehört zur besonderen Ironie der Entwicklungen. Doch mehr als einen kurzen kräftigen Warnschuss, so die Washington Post, soll es nicht geben: Weder denkt das Weiße Haus an Bodentruppen, noch an eine Flugverbotszone. Assad müsste also nicht seinen Sturz fürchten, weil das Leben amerikanischer Soldaten auf keinen Fall riskiert werden soll.
Ein Angriff - so heißt es weiter - werde erst dann freigegeben, wenn drei Faktoren erfüllt seien: die Fertigstellung eines Geheimdienstberichts zur Schuld an der jüngsten Giftgasattacke, der Abschluss von Konsultationen mit Verbündeten und US-Kongress und die Rechtfertigung eines Angriffs nach internationalem Recht. Die Planungen für einen Militärschlag seien abgeschlossen, so US-Verteidigungsminister Chuck Hagel gestern.
Am Montagabend hatte es die bisher deutlichste Kritik an der syrischen Regierung durch ein US-Regierungsmitglied gegeben. Außenminister John Kerry nannte es eine Pflicht, jene zur Verantwortung zu ziehen, die "die abscheulichsten Waffen der Welt gegen die verletzlichsten Menschen der Welt" eingesetzt hätten.
Zuvor hatte Obamas Regierungssprecher Jay Carney bereits davon gesprochen, mittlerweile "unwiderlegbare Beweise" für den Giftgaseinsatz durch das Assad-Regime zu besitzen.
In Washington geht man davon aus, dass der sich abzeichnende Militärschlag noch diese Woche erfolgt. Der stets auf optimale Selbstinszenierung bedachte Obama dürfte allerdings den heutigen Mittwoch abwarten, weil eine frühere Aktion seine für diesen Tag geplante Rede zum 50. Jahrestag der "I have a dream"-Ansprache Marin Luther Kings überschatten würde.

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