Ein lehrreiches Stück

Selten haben wir binnen weniger Tage soviel gelernt wie in diesem Fall. 1. Ein deutscher Regierungs-Chef muss nicht nach Italien reisen. 2. In Hannover soll es auch ganz schön sein. 3. Wer einem deutschen Europa-Abgeordneten eine Rolle als KZ-Aufseher andient, wird zwar gescholten, bleibt aber italienischer Regierungs-Chef.

4.Wer deutsche Touristen beschimpft, muss gehen, weil die sich sonst überlegen könnten, ob sie nach Bella Italia fahren oder doch in die Rhön oder gar zum Steinhuder Meer. Dafür sorgen die italienischen Fremdenverkehrsmanager, die Gewerkschaft der Eisdielen-Beschäftigten und die Vereinigung der Pizzabäcker samt dem Bund der Museums-Aufseher und Strandliegenvermieter. Also mein lieber Staatssekretär mit dem wunderschön klingenden Namen Stefano Stefani: Ciao, das war's erstmal. Doch dieses wunderbare Lehrstück mit dem beziehungsreichen Titel: "Die teutonischen Rüpel und Silvio Berlusconis Sicht der Welt" führt auch innenpolitisch zu neuen Erkenntnissen. So lernen wir beispielsweise erstaunt, dass es bestimmte Politiker überhaupt noch gibt. Zum Beispiel das ehemalige FDP-Schwergewicht Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Justizministerin war die Dame einmal. Doch jetzt fristet sie ihr parlamentarisches Dasein als europapolitische FDP-Sprecherin im Bundestag. So was leisten die sich tatsächlich. Aber auch in anderen Parteien tauchen plötzlich alte Namen in neuem Zusammenhang auf. In der CDU zum Beispiel Matthias Wissmann. Der war in guten Zeiten Bundesverkehrsminister und ist jetzt Vorsitzender des Europa-Ausschusses. Und der Mann hat richtig Kummer, er sorgt sich gar um den europäischen Verfassungsprozess. Da kann auch die SPD nicht schweigen. Ein Herr Michael Müller, dem Vernehmen nach Vize-Fraktions-Chef im Bundestag, fordert von den Italienern einen Regierungswechsel, spricht gar von Reinigung, als habe die italienische Regierung nur einen Marmeladenfleck auf dem weißen Hemd. Sogar Helmut Kohl, einstiger Dauerkanzler in diesem unserem Vaterland und Architekt der europäischen Union erhebt seine Stimme, tadelt seinen Nachfolger. Fazit: Das Thema Italien ist endgültig durch, aber es wird sich sicher jemand finden, der den Anschluss Mallorcas als 17. Bundesland fordert. Schließlich stehen die Sommerferien vor der Tür, und was wären wir ohne unsere Sommertheater-Inszenierungen. d.schwickerath@volksfreund.de

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