Ein Politiker verschafft sich Luft

Luxemburg · Der luxemburgische Außenminister ist einen ungewöhnlichen Weg gegangen, um seinen Ärger über Hass-Mails, die er bekommen hat, Luft zu machen. Er hat die Mails samt angeblichen Namen des Verfassers auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht.

 Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn bei seiner Radtour durch Frankreich. Das Foto stammt von seiner Facebook-Seite. Foto: privat

Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn bei seiner Radtour durch Frankreich. Das Foto stammt von seiner Facebook-Seite. Foto: privat

Foto: (g_pol3 )

Luxemburg. Am Samstag um 8.36 Uhr platzt dem luxemburgischen Außenminister Jean Asselborn offensichtlich der Kragen. Er veröffentlicht zu dieser Uhrzeit einen Beitrag auf seiner Facebook-Seite, aus dem Wut, Verärgerung und Frust spricht. Er prangert dort auf Luxemburgisch einen Verfasser von Hass-Mails an, macht Namen und Adresse des Mannes aus dem luxemburgischen Wasserbillig öffentlich. Eigentlich, so schreibt Asselborn, nutze er seine private Facebook-Seite nur, um über seine Fahrrad-Tour im August durch Frankreich zu berichten. In der Tat findet sich weiter unten eine Art Tour-Tagebuch mit Fotos, die Asselborn auf Etappen seiner "Vëlos-tour" zeigen. Der letzte Eintrag stammt vom 17. August und dreht sich um seine Ankunft in den Vogesen.
Seitdem hat es keinen Eintrag von Asselborn auf seiner Facebook-Seite gegeben. Politische Äußerungen von ihm finden sich dort nicht. Am Samstag dann die Ausnahme. Mit seinem Eintrag wolle er zeigen, welche aggressive Sprache mittlerweile gegen Politiker verwendet werde und dass er rechtsextreme Hasskommentare keinen freien Lauf lassen wolle. Ein Politiker habe auch das Recht, sich Luft zu verschaffen, auch wenn er gewohnt sei, normalerweise viel einzustecken. Danach zitiert er offenbar ungekürzt aus verschiedenen Briefen und Mails, die ihm der Absender aus Wasserbillig seit April geschickt hat. "Asselborn, haalt einfach ären dommen Back. Är d'Geschwätz ass net méi ze erdroen! Als Lëtzebuerger muss een sech jo fir Iech schummen!" (übersetzt: "Asselborn halte einfach deine dummen Backen. Dein Geschwätz ist nicht mehr zu ertragen. Als Luxemburger muss man sich für Sie schämen.") ist da zu lesen. Oder: "Hal deng blöd Sabbel Asselborn. Et wär besser fir eis Lëtzebuerger wenns du dommen, aalen, senilen Mann géifs mat der Politik ophalen." (Halt deinen blöden Mund, Asselborn. Es wäre besser für uns Luxemburger, wenn Du dummer, alter, seniler Mann mit der Politik aufhören würdest.") Der Außenminister soll mehr Zeit in Quiz- und Kochshows und mit seiner Familie verbringen, empfiehlt der angebliche Wasserbilliger in einer Mail an das Außenministerium vom 29. Oktober. Die Luxemburger Regierung beschimpft er als "schwul, jüdisch".
"Eigentlich bin ich solche Sachen gewohnt, doch hier ging es darum, diesen Tonfall und diesen Hass anzuprangern", sagt Asselborn gegenüber der Luxemburger Tageszeitung Tageblatt. "Wir sind hier nicht weit weg von Gewaltbereitschaft", so der Minister. Die von ihm veröffentlichten Mails seien nicht die einzigen von der Person gewesen. Das geht schon länger so.
Asselborn hat auf seinen Facebook-Eintrag viel Resonanz erhalten. Bis gestern Mittag ist der Beitrag fast 300 Mal kommentiert worden. Die meisten Kommentare geben dem Minister recht. Andere sehen das Vorgehen Asselborns, die Hass-Mails samt angeblichen Namen des Verfassers öffentlich zu machen, kritisch, weil man diesem damit eine Plattform biete. Unklar ist, ob der in den Mails genannte Name und die Adresse echt sind. Ein Luxemburger gleichen Namens jedenfalls hat sich am Samstag auf seiner Facebook-Seite von den Mails distanziert. Er sei nicht der Verfasser der Hass-Kommentare.Extra

Die Grünen-Politikerin Renate Künast ist kürzlich offensiv gegen Verfasser von Hass-Mails gegen sie vorgegangen. Unangemeldet hat sie diese zu Hause besucht. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt hat Hass-Mails an sie in einem Video auf ihrer Facebook-Seite öffentlich gemacht. Auch andere Politiker sind Opfer von Hass geworden. Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau von der Linkspartei erhielt mehrere Morddrohungen. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) fand in seinem Briefkasten eine Pistolenpatrone. wie

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