Ein Rauchpilz über dem Bitburger Land

NIEDERSTEDEM. Vor genau 50 Jahren, am 23. September 1953, erschütterte eine Explosion das Bitburger Land. Ein mit rund 1,35 Millionen Liter gefüllter Kerosin-Tank im Tanklager Niederstedem war explodiert. 29 Menschen starben dabei.

Es gibt Tage im Leben eines Menschen, die er nie vergessen wird. Für die Menschen im Bitburger Land war der 23. September 1954 ein solcher. Ein sonniger Tag nach einem verregneten Sommer soll es gewesen sein, berichten die Chronisten. Der richtige Tag für das Einholen der Ernte und für so etwas wie ein Richtfest im Tanklager Niederstedem. Dieses Lager befand sich gerade im Bau und war ein Glied in der Kette des Treibstoffnachschubs der Militärs. Insgesamt sollten bis zu 30 Millionen Liter auf dem Berg zwischen Niederstedem und Wolsfeld gelagert werden. Weil sie sich des Gefahrenpotenzials einer solchen Menge hochexplosiven Flugzeugtreibstoffes bewusst war, installierte die Firma Total eine Feuerlösch-Anlage, die am 23. September 1954 vorgeführt wurde. Die Franzosen, damals die Hausherren in Niederstedem, hatten dazu hochrangige Gäste eingeladen. Gegen 15 Uhr wurde dann getestet, wie im Notfall ein Feuer in einem Tank gelöscht werden konnte. Wie das vor sich ging, ist in Gutachten beschrieben, die nach der Explosion gemacht wurden. Diese Untersuchungen gelten inzwischen nicht mehr als geheim und liegen dem heutigen Betriebsleiter des Tanklagers, Klaus Dieter Weides, vor. "Es sollte demonstriert werden, wie die CO2-Lösch-Anlage funktioniert", fasst Weides zusammen.Aus Vorführung wird tödlicher Ernst

Dazu sei der Temperaturfühler aus Tank 2 ausgebaut worden, der bei einer Temperatur von 70 Grad Celsius das Ausströmen des kühlenden Gases bewirken sollte, das in Gasflaschen in einem eigenen Unterstand vorgehalten wurde. Außerhalb des explosionsgefährdeten Bereichs habe man dann den Fühler in einem mit heißem Wasser gefüllten Eimer erwärmt. "Der Fühler löste bei 70 Grad aus, und anschließend hörte man das Zischen des einströmenden Kohlendioxids", sagt Weides. Nach erfolgreichem Test begaben sich die Zuschauer der Vorführung - es waren unter anderem Mitarbeiter von RWE und Bahn anwesend - sofort auf den Deckel des rund 5000 Kubikmeter fassenden Tanks 2. Wenige Augenblicke später, um 15.58 Uhr, explodierten dann die im Tank gelagerten rund 1,35 Millionen Liter Kerosin. Über die Ursachen der Explosion gibt es gleich mehrere Theorien. Sie reichen von einer Entzündung durch eine brennende Zigarette bis hin zu Schweißperlen, die sich in den Leitungen erwärmt hätten. "Man kann aber davon ausgehen, dass es sich um eine Schlagwetter-Explosion handelte", sagt Weides und bezieht sich dabei auf ein Gutachten der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt aus den 50er Jahren. Das Gutachten geht davon aus, dass es durch elektrostatische Aufladung des einströmenden CO2-Gases zu einer gewitterartigen Funkenentladung kam, die das Kerosin entzündete. Stritt man auch lange Zeit über die Ursachen, die Folgen der Explosion waren verheerend. 23 Menschen starben direkt bei der Explosion, sechs weitere kurze Zeit später. Die Toten waren teilweise bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Viele waren durch den Explosionsdruck in die umliegenden Bäume geschleudert worden. Die neun Verletzten wurden ins Bitburger Krankenhaus und ins Lazarett des Flugplatzes Bitburg gebracht, wo einige der Verunglückten lange Zeit behandelt werden mussten. Im Einsatz waren an diesem Unglückstag Wehren aus der gesamten Region, aus Luxemburg und von der Air-Base. Erst durch den Einsatz amerikanischen Löschschaums gelang es, das kilometerweit sichtbare Feuer einzudämmen und alle Toten zu bergen. Die Löscharbeiten dauerten bis gegen 4 Uhr des 24. Septembers.Gedenkstein erinnert an die Opfer

Auch für die Umwelt hatte das Unglück verheerende Konsequenzen. Eine große Menge Kerosin floss aus dem leck geschlagenen Tank über einen kleinen Bach in die nahe Nims. Über Kilometer hinweg kam es zu einem kompletten Absterben jedweden Lebens in dem Gewässer. 50 Jahre später erinnert in unmittelbarer Nähe zur Unglücksstelle ein in den 50er Jahren aufgestellter Gedenkstein an die Ereignisse - mit jeweils einer separaten Inschrift für französische und deutsche Opfer. Der zerstörte Tank wurde noch in den 50er Jahren an gleicher Stelle ersetzt. In der Pfarrkirche Wolsfeld wird am heutigen Donnerstag um 19 Uhr mit einem ökumenischen Gottesdienst der Opfer des in der heimischen Bevölkerung unvergessenen Unglücks gedacht. Die Ortsgemeinde Niederstedem wird am Gedenkstein um 18 Uhr einen Kranz niederlegen.

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