Ein Ruck in der Eifel soll die Republik bewegen

BIERSDORF AM SEE. Aus der Diskussion über eine Reform ist die über deren Scheitern geworden: Die derzeit laufenden Bitburger Gespräche drehen sich um die Neuordnung des Föderalismus in der Bundesrepublik.

Um die Ergebnisse der Föderalismuskommission sollte es bei den 44. Bitburger Gesprächen gestern und heute am Stausee in Biersdorf gehen, für dieses Thema hatten sich die Organisatoren von der Stiftung Gesellschaft für Rechtspolitik vor Monaten entschieden.

Doch das politische Geschäft schert sich wenig um Pläne – und so stand am Donnerstag das Scheitern der Föderalismus-Reform im Vordergrund. „Auf diese Weise schadet demokratische Politik sich leider selbst“, kommentierte der Hannoveraner Professor Hans-Peter Schneider den Abbruch der Verhandlungen Mitte Dezember. Den Sachverständigen sei es nicht gelungen, Politiker von ihren Theorien zu überzeugen, sagt der Direktor des Instituts für Föderalismusforschung in seinem Eröffnungsvortrag. Die anfängliche Euphorie der Kommission sei unter anderem von einer „unheiligen Allianz“ der Ministerialbürokratie auf Bund- und Länderebene „klein gemacht“ worden.

Allein, wirklich erstaunt habe ihn das Scheitern der Reform nicht, sagte Schneider: „Föderalismus-Fragen sind Machtfragen. Es geht darum, Machtkonstellationen zu verändern.“ Dazu bedürfe es eines großen Leidensdrucks – eines größeren vielleicht, als er derzeit in Deutschland gegeben sei. Für die Bitburger Gespräche wünsche er sich, „dass ein Ruck durch diese Versammlung geht. Dass von Bitburg ein neuer Impuls für die Wiederaufnahme von Verhandlungen ausgeht“.

Für einen ersten kräftigen Ruck sorgte umgehend der saarländische Ministerpräsident Peter Müller. „Natürlich werden Politiker auch dafür bezahlt, dass sie sich beschimpfen lassen“, konterte er Schneiders Rede. „Aber so einfach, wie wir das in der Einführung gehört haben, ist die Welt nicht!“ Die Sachverständigen hätten höchst unterschiedliche Positionen vertreten – und der Politik sei es nicht gelungen, eine konsensfähige Linie dazwischen zu finden. Der Knackpunkt sei anders lautenden Spekulationen zum Trotz der offizielle gewesen, sagte der CDU-Politiker: „Am Ende hat der Streit um Bildung und Hochschule zum Scheitern geführt.“ Der Bund habe Zuständigkeiten für „die Fortentwicklung des Bildungswesens“ und die „Qualitätssicherung des Hochschulwesens“ für sich beansprucht. Diese Forderungen liefen auf eine Alleinzuständigkeit des Bundes hinaus, begründete der Ministerpräsident die Position der Länder. „Das wäre keine Reform des Föderalismus, sondern seine Abschaffung.“ Müller relativierte den Begriff des „Scheiterns“ der Kommission: „Es hat viele im Interesse beider Seiten liegende Vorschläge gegeben, die eine wirkliche Verbesserung des Föderalismus wären.“

Wie geht es weiter? Voraussetzung sei, dass sich der Bund bei Bildung und Hochschulwesen zurücknehme, sagte der Landeschef. „Auf dieser Grundlage wäre eine Neuaufnahme der Gespräche möglich.“ Von einem Konvent hält er wegen der fehlenden Entscheidungsbefugnis nichts, und eine Neuauflage der Kommission ist für ihn unwahrscheinlich. Stattdessen brachte Müller ein Verfassungsänderungs-Verfahren ins Spiel. Beim vorsichtig-optimistischen Ausblick kamen Professor und Ministerpräsident schließlich doch noch zusammen. „Ich hoffe“, endete Müller, „dass die nächsten Bitburger Gespräche mit dem Satz eröffnet werden: Es ist vollbracht.“

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