"Ein ruhiger, zurückhaltender Junge"

TRIER. Die einen sind überrascht, die anderen haben es schon von Bekannten oder aus der Zeitung erfahren. Doch egal, wie lange die Bewohner von Mariahof schon von dem Mord an einer 31-Jährigen wissen (der TV berichtete), entsetzt sind sie über die Bluttat alle. Und kaum jemand kann sich erklären, wie es dazu kommen konnte.

Die Sonne strahlt vom wolkenlosen Himmel, lachende Kinder wagen erste Gehversuche auf ihren Rollschuhen, und in den Bäumen zwitschern die Vögel. Es liegt ein Hauch von Frühling in der Luft an diesem frühen Nachmittag. Auf den Straßen herrscht nur wenig Betrieb: Eine Mutter mit Kinderwagen geht spazieren, eine ältere Dame verlässt den Supermarkt, bepackt mit ein paar Einkaufstaschen; um die Ecke biegt eine Gruppe Jugendlicher in Fastnachtskostümen. Mariahof macht einen friedlichen Eindruck, den Eindruck eines ruhigen und sicheren Stadtteils. Und doch soll in einem der Wohnblocks, die im kubischen Flachdach-Stil der 60er Jahre erbaut sind, ein Mord geschehen sein, wie ihn sich Hollywoods kreativste Thriller-Autoren kaum schrecklicher hätten ausmalen können. Motiv: Geplatzte Verabredung

Eine 31-jährige Frau, die in der Lasinskystraße wohnte, wurde ermordet, ihr Leichnam zerstückelt und der von Kopf und Gliedmaßen getrennte Rumpf anschließend in einem Plastiksack in der Mosel versenkt. Dort wurde er vor knapp zwei Wochen in der Nähe des luxemburgischen Grevenmacher von Passanten entdeckt. Vor zwei Tagen präsentierte die Polizei bereits den mutmaßlichen Täter: einen 38-jährigen Malergesellen, den Nachbarn der Getöteten. Der Mann hat nach den Angaben der Polizei die Tat gestanden und ausgesagt, die Frau aus Ärger über eine geplatzte Verabredung erwürgt zu haben. "Wir sind alle geschockt", sagt eine junge Frau, die den mutmaßlichen Täter aus gemeinsamen Grundschultagen kennt. "Er war immer so ein ruhiger, zurückhaltender Junge", fügt sie hinzu. Erklären kann sie sich die Tat nicht, besonders nicht ihre grausigen Begleitumstände: "Wir können hier alle nicht begreifen, wie ein Mensch so etwas machen kann." Auch eine Bewohnerin der Lasinskystraße, die den 38-Jährigen ebenfalls von Kindesbeinen an kennt, weiß keine Erklärung. Sie vermutet allerdings, dass dahinter mehr stecke als nur ein abgesagtes Abendessen. Sie fühle sich unsicher bei dem Gedanken, dass jemand, den man fast täglich auf der Straße gegrüßt habe, so etwas getan haben könne, sagt sie. Die ältere Dame aus dem Supermarkt hat zwar von dem Mord in der Zeitung gelesen, doch dass er in Mariahof passiert sein soll, weiß sie nicht. "Oh Gott, das ist ja schrecklich", sagt sie. Doch Angst habe sie deswegen nicht. Der Mord sei ja schließlich nicht auf offener Straße passiert, und außerdem gehe sie nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr alleine vor die Tür. Ein paar Schritte weiter ist ein Rentner ebenfalls überrascht von der Nachricht: "Hier soll das gewesen sein?", fragt er ungläubig. Härteres Durchgreifen gefordert

Nicht weniger betroffen, aber kaum überrascht ist eine junge Mutter, die mit ihrem Sohn gerade vom Einkaufen zurückkommt. Sie sei selbst einmal von einem Gewaltverbrechen betroffen gewesen, sagt sie. "Man müsste viel härter durchgreifen in Deutschland. Manchmal wünsche ich mir, wir hätten Gesetze wie in den USA, wo es den elektrischen Stuhl gibt", fügt sie hinzu. Doch auch sie kann sich nicht erklären, wie es zu einer solchen Bluttat kommen konnte.

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