Ein Sieg der Vernunft

Nach über einem Jahrzehnt scheint ein Ende des Konflikts um das iranische Atomprogramm in Sicht. Der in der Eifelstadt Prüm lebende Politikwissenschaftler und Journalist Abdel Mottaleb el-Husseini analysiert für den TV die Einigung von Lausanne.

 Abdel Mottaleb el-Husseini.Foto: privat

Abdel Mottaleb el-Husseini.Foto: privat

Zum ersten Mal in der Geschichte des von blutigen Kriegen geplagten Nahen Ostens siegt die Stimme der Vernunft und des Dialogs in der Politik. Die mühevoll erzielte Einigung kommt der Entschlossenheit des Westens bei der Verhinderung einer möglichen iranischen atomaren Aufrüstung entgegen. Und sie erfüllt im Gegenzug zugleich die Forderungen der iranischen Regierung nach Aufhebung der schmerzhaften Wirtschaftssanktionen.
Dieser kleine, aber historische Kompromiss ist zweifelsohne ein Erfolg für den US-Präsidenten Barack Obama und des iranischen Präsidenten Hassan Ruhani. Beide Politiker hatten mit entschlossenen Gegnern ihres politischen Kurses in der Region und im eigenen Land zu Kämpfen.
Der US-Präsident sollte gegen die Widerstände der republikanischen Mehrheit durchhalten. Ein Scheitern der Verhandlungen mit dem Iran hätte die Lähmung der US-Politik in der arabischen Welt und der Verlust der Autorität Obamas zur Folge. Auf der anderen Seite stand der iranische Präsident unter massivem Druck der Erzkonservativen, die den konfrontativen, antiwestlichen Kurs des ehemaligen Präsidenten Najad fortsetzen und das gemäßigte Lager innerhalb des Mullah-Regimes verdrängen wollen.
Die endgültige friedliche Lösung des iranischen Atomkonfliktes ist zwar in greifbarer Nähe. Sie bleibt jedoch durch die Ablehnung der israelischen Regierung und Saudi Arabien gefährdet. Dabei geht es nicht nur um die Ängste in beiden Ländern vor einer iranischen Atomaufrüstung, sondern um die politische Kettenreaktion einer möglichen US-Anerkennung der regionalen Rolle Irans, der eine bedeutende Rolle bei der Bekämpfung des Islamischen Staates einnimmt. Iran expandiert politisch in Syrien, Libanon, Irak und Jemen und liefert sich mit Saudi Arabien eine schiitisch-sunnitischen Konfrontation. Die von Saudi Arabien geführte militärische Intervention im Jemen, die nicht zufällig die Atomgespräche überschattet hat, zeigt, dass das Ende des Konfliktes zwischen Iran und dem Westen nicht den Frieden in der Region herbeibringen kann, solange er von den anderen politischen Problemen der Region getrennt wird.

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