Ein Sieg?

15 zu null. Das gestrige Abstimmungsergebnis im UN-Sicherheitsrat klingt nach einem diplomatischen Kantersieg der US-Regierung. Und gewiss dürfte Washington die Verabschiedung der jüngsten Irak-Resolution nach monatelangem Gerangel zumindest auch zum Versuch nutzen, eine nachträgliche Rechtfertigung für den Sturz Saddam Husseins herbei zu interpretieren. Doch abseits von derartigen Wortspielen bleibt die Frage: Was hat die US-Regierung durch diese am Ende immer mehr vor allem den europäischen Bedenkenträgern angepasste Entschließung tatsächlich gewonnen? Eine klare Antwort darauf wird bereits die internationale Geber-Konferenz in der kommenden Woche in Madrid geben. Doch Wunder kann George W. Bush da nicht erwarten. Deutschland, Russland und Frankreich setzten gestern bereits die Tonart auch für die EU mit der Ankündigung fest, keine weiteren Finanzhilfen für den Irak leisten oder sich gar militärisch engagieren zu wollen. Der gordische Knoten ist hier die konstante Weigerung des Weißen Hauses, auf UN-Ebene ein stärkeres Mitspracherecht einzuräumen. Und die in der Resolution enthaltene Erklärung, das Mandat der US-Truppen ende mit den ersten freien Wahlen im Irak, lässt sich vom Weißen Haus notfalls bei Bedarf jederzeit mit dem Hinweis auf eine weiter instabile Sicherheitslage relativieren. Solange Washington jedoch nicht bereit ist zu teilen, wird es über die bisher zugesagte Hilfestellungen von nunmehr 29 Ländern hinaus kaum wirklich signifikante neue Zuwendungen und damit eine Entlastung des US-Haushalts geben. Ein Jahr vor den Präsidentschaftswahlen dürfte deshalb Präsident Bush vor allem versuchen, innenpolitischen Honig aus dem Sicherheitsrats-Votum zu saugen - und den immer wieder geäußerten Vorwurf entgegenzustellen, das Weiße Haus vernachlässige in seiner Außen- und Sicherheitspolitik den Aufbau einer breiten internationalen Allianz. nachrichten.red@volksfreund.de

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