Ein Sommer im Schatten

TRIER. Krebs durch zu viel Sonne - verderben uns die Mediziner jetzt auch noch den Spaß am richtigen Sommer? Wie gefährlich die Sonnenstrahlung wirklich ist, und wie wir uns schützen können, darüber sprachen wir mit Eva Kalbheim, der Sprecherin der Deutschen Krebshilfe.

Endlich lacht die Sonne. Nichts wie raus ins Schwimmbad, bräunen lassen. Ordentlich eingecremt, Sonnenmilch mit möglichst hohem Lichtschutz-Faktor, da kann mir ja eigentlich nichts passieren. Stimmt´s? Kalbheim: Nicht ganz. Wir wissen schließlich, dass die UV-Strahlung gefährlich ist. Auf lange Sicht kann sie Hautkrebs verursachen. Der beste Schutz vor den UV-Strahlen und vor Hautkrebs ist aber nicht Sonnencreme, sondern der Aufenthalt im Schatten und die Kleidung. Nun hat die Deutsche Krebshilfe vor einer "alarmierenden Zunahme" der Hautkrebsfälle gewarnt. Wie ist dies zu erklären? Kalbheim: Derzeit steigen in Deutschland die Hautkrebs-Neuerkrankungszahlen um sieben Prozent jedes Jahr. Denn das Freizeitverhalten hat sich seit den 60er-Jahren geändert. Seitdem fahren wir hellhäutigen Deutschen in den Süden, setzen uns dort der Sonne aus und das rund ums Jahr. Man muss wissen, dass unsere Haut nichts vergisst. Sie hat ein UV-Konto, und das sich im Laufe des Lebens füllt. Hautkrebs trotz Sonnenmilch, verschrumpelte Haut trotz Lichtschutzfaktor 25: Wiegt uns die Werbung in falscher Sicherheit?Kalbheim: Ganz klar muss man sagen: Eine Sonnencreme schützt nicht vor Hautkrebs. Sie schützt vor Sonnenbrand, und das sehr effektiv. Deshalb empfehlen wir auch, dass man den textilen Sonnenschutz - also die Kleidung - in den Vordergrund stellen sollte, und diejenigen Hautpartien, die man nicht mit Kleidung bedecken kann, mit einer Sonnencreme schützt. Viele Menschen glauben, auf die Sonnenbank auszuweichen oder sich zumindest "vorzubräunen", wäre gesünder. Stimmt das? Kalbheim: Das ist ein Irrglaube. Wir wissen, dass die UV-Strahlung, die auch von Solarien benutzt wird, genau so Schäden in der Erbsubstanz der Haut verursacht wie die natürliche Sonne. Vorbräunen bringt gar nichts. In Solarien werden überwiegend UVA-Strahler benutzt. Die führen nicht dazu, dass die Haut sich eine Lichtschwiele, ihren körpereigenen Schutz, aufbaut. Jeder Mensch kann 50 Sonnenbäder im Jahr verkraften, wobei die Länge vom Hauttyp abhängt. Und wenn man auf die Sonnenbank geht, zählt dieses "Vorbräunen" dazu. Immer mehr Jüngere sind von Hautkrebs betroffen. Warum? Kalbheim: Früher ist der Hautkrebs der Krebs der alten Menschen gewesen. Im letzten Drittel des Lebens trat die Schädigung der Haut zutage. Heutzutage sehen wir, dass auch schon Menschen um die 30 von Hautkrebs betroffen sind. Das ist darauf zurückzuführen, dass wirklich schon in frühester Kindheit begonnen wird, in die Sonne zu gehen. Dass die Eltern die Kinder nicht richtig schützen. Dass sie ihnen nicht das richtige Sonnenverhalten beibringen. Was wir erreichen wollen, ist ja nicht Panik oder Angst vor der Sonne, sondern der vernünftige Umgang damit. Das heißt, dass die Kinder schon von Kindesbeinen an lernen, sich in der Sonne anzuziehen, nicht auszuziehen. Wir Eltern müssen deshalb mit gutem Vorbild vorangehen: T-Shirt, Sonnenhut und Sonnenbrille tragen, pralle Sonne und die Sonne in der Mittagszeit meiden. Wer gebräunt zurückkommt, dessen Urlaub gilt per se als gelungen. Und die schönen jungen Menschen im Fernsehen sind auch wohlgebräunt. Wie soll man da aufs Sonnenbaden verzichten lernen? Kalbheim: Wir wollen ja keinem den Spaß am Sommerurlaub nehmen. Sanftes Bräunen ist in Ordnung. Wir wollen vermitteln: Seid vorsichtig, gewöhnt eure Haut langsam an die Sonne. Auch im Schatten wird man braun. Wenn ein Mensch mit Hauttyp eins oder zwei, also heller Haut und blonden Haaren meint, er müsste tief braun werden, dann muss ihm bewusst sein, dass er seine Gesundheit schädigt. Sonne kann uns offenbar heftig schaden. Können Sie uns wenigstens noch ein bisschen Mut machen. Die Sonne hat doch auch nützliche Seiten?Kalbheim: Natürlich. Sonne ist etwas Wunderschönes. In der Sommerzeit leben wir alle auf. Es ist wärmer, und das helle Licht tut uns gut. Dadurch bessert sich auch unsere Stimmung. Und wir brauchen die UV-Strahlung, um das Vitamin D zu synthetisieren, das ja für starke Knochen sorgt. Aber da muss man wieder einschränken: Dafür reichen auch 15 Minuten Aufenthalt im Freien bei normalem Tageslicht. Das Gespräch führte unser Redakteur Michael Schmitz.

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