Ein ungeliebtes Thema wird zum Zankobjekt

Trier · Die Fronten sind verhärtet zwischen der CDU und der FDP beim Thema Mindestlohn. Absolut kein Verständnis dafür hat der Bezirkschef des Arbeitnehmerflügels der CDU, Sascha Kohlmann. Er kämpft weiter für einen gesetzlichen Mindestlohn.

Trier. Der Mindestlohn ist noch immer nicht das Lieblingsthema der CDU. Das bekam auch der Eifeler Michael Billen beim Landesparteitag seiner Partei im Oktober in Mainz zu spüren. Als er sich um einen Beisitzerposten im Vorstand bewarb, setzte er sich erneut vehement für einen Mindestlohn ein.
2007, damals noch als Bezirksvorsitzender, ging er mit seiner Forderung nach einem flächendeckenden Mindestlohn bewusst auf Konfrontationskurs und holte sich dafür eine blutige Nase. Sogar den Zorn der Kanzlerin zog er auf sich, die sich persönlich am Telefon bei Billen beschwerte.
Der als Parteirebell verschriene Billen fiel bekanntlich bei der Vorstandswahl im Oktober durch. Er selbst machte unter anderem sein Werben für den Mindestlohn dafür verantwortlich. Und dass, obwohl er - anders als vor fünf Jahren - längst nicht mehr alleine mit seiner Forderung steht.
2011 machte der Bezirksverband der christlich-demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) der CDU Schlagzeilen mit eben dieser Forderung. Und als dann noch die Trier-Saarburger Christdemokraten den Mindestlohn zum Thema auf dem Landesparteitag im vergangenen Jahr machten, musste sich die Landes-CDU positionieren.
Deren Chefin Julia Klöckner setzte sich schließlich mit einem Kompromiss durch: Mindestlohn ja - aber keine gesetzliche Regelung. "Die Frage ist nicht, ob man für oder gegen den Mindestlohn ist, sondern für welchen Weg", sagte Klöckner. Auf ihre Initiative habe sich der Bundesparteitag im vergangenen Jahr in Leipzig mit dem Thema beschäftigt und Lohnuntergrenzen für bestimmte Branchen verabschiedet.
Beim jüngsten Parteitag der Bundes-CDU Anfang Dezember in Hannover wurde der Beschluss noch einmal konkretisiert: "Die CDU hält es für notwendig, eine allgemein verbindliche Lohnuntergrenze in den Bereichen einzuführen, in denen ein tarifvertraglich festgelegter Lohn nicht existiert. Die Lohnuntergrenze soll durch eine Kommission der Tarifpartner festgelegt werden und sich an den für allgemein verbindlich erklärten vereinbarten Lohnuntergrenzen orientieren."
Für Sascha Kohlmann, frisch wiedergewählter Vorsitzender des CDA-Bezirks Trier, ein "wachsweicher Kompromiss". Aber immerhin sei das Thema an der Bundesspitze seiner Partei angekommen, sagt Kohlmann. Die Landes-CDU unterstütze ihn im Kampf für den Mindestlohn, ist sich der 37-Jährige sicher.
CDU-Generalsekretär Patrick Schnieder aus Arzfeld (Eifelkreis) nimmt das Wort Mindestlohn allerdings nicht in den Mund. Er spricht - wie die Bundespartei - von Lohnuntergrenzen. "Wir stehen voll und ganz zu verbindlichen Lohnuntergrenzen", sagt er im Gespräch mit dem TV. Aber: "Es ist die FDP, die sich noch sperrt." Er sei allerdings zuversichtlich, "dass wir den Koalitionspartner überzeugen können." Im Kern gehe es beiden darum, dass die Tarifautonomie unangetastet bleibt.
Mittlerweile streiten sich die beiden Koalitionsparteien offen über den Mindestlohn. Fünf Wochen vor der Landtagswahl in Niedersachsen hat der dortige Ministerpräsident David McAllister heftig Front gegen die Liberalen gemacht. Er forderte sie auf, die Blockadehaltung aufzugeben.
Ohne Erfolg. "Wir brauchen keinen allgemeinen, gesetzlichen Mindestlohn", sagt Jörg van Essen, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, gegenüber dem TV. Und: "Wir haben in Deutschland starke Tarifpartner, die die Löhne und Gehälter miteinander aushandeln. Der Staat wird die Bedürfnisse und Situation in den einzelnen Branchen und Regionen niemals so gut einschätzen können wie die Tarifpartner." Anstatt sich Gedanken über die Höhe eines allgemeinen Mindestlohns zu machen, sollte es darum gehen, genügend Arbeitskräfte für bestimmte Branchen zu bekommen, sagt van Essen.
So sieht das auch der rheinland-pfälzische FDP-Chef Volker Wissing: "Statt über Mindestlöhne müssten wir darüber diskutieren, wie wir das Angebot an Arbeitsplätzen so erhöhen können, dass Menschen keine schlecht bezahlte Arbeit annehmen müssen." Kein Mensch arbeite gern für einen Hungerlohn. "Deshalb", so Wissing, "müssen wir Alternativen bieten, und zwar nicht, indem wir Arbeitsplätze vernichten, sondern neue schaffen." Der Mindestlohn sei eine politische Scheinlösung, "vertreten vor allem von den Parteien, die bei der Schaffung von Arbeitsplätzen versagt haben", kontert der FDP-Chef den Kritikern.
Die sture Haltung der FDP ärgert CDA-Bezirkschef Kohlmann. Die Liberalen begriffen nicht, worum es wirklich gehe, sagt er. Er erinnert daran, dass die Union dem Koalitionspartner bei der Abschaffung der Praxisgebühr entgegengekommen sei. Das erwarte er nun umgekehrt beim Mindestlohn. Große Hoffnung scheint er aber nicht zu haben.
Notfalls, so Kohlmann, werde man das Thema Ende nächsten Jahres mit einer "neuen Bundesregierung" umsetzen. Vermutlich meint er damit eine CDU-geführte Regierung - ohne die Beteiligung der FDP.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort