Eine Auszeit für den Geist der Liebe

Himmerod · Im Ringen um den Fortbestand des finanziell angeschlagenen Zisterzienser-Klosters Himmerod wird der Ton immer rauer. Und nach der am Donnerstag geplatzten Gründung eines Unterstützervereins ist klar: Die Himmeroder Mönche haben das Heft des Handelns nicht mehr in der Hand.

 Licht und Schatten: Blick aus der Abteikirche in Himmerod. TV-Foto: Klaus Kimmling

Licht und Schatten: Blick aus der Abteikirche in Himmerod. TV-Foto: Klaus Kimmling

Himmerod. Wer in diesen Tagen die Satzung des beim Wittlicher Amtsgericht registrierten Vereins Kloster Himmerod liest, wird sich ein Schmunzeln kaum verkneifen können. In der Präambel steht, dass die Eifeler Abtei der Zisterzienser-Kongregation von Mehrerau (Österreich) angehört und damit einer Vereinigung von Klöstern, "die sich im Geist der Liebe gegenseitig dabei helfen, das Zisterzienser-Ideal gemäß den Erfordernissen der heutigen Zeit zu verwirklichen".
Der "Geist der Liebe" scheint derzeit eine kleine Auszeit genommen zu haben. Vor allem unter den Zisterzienser-Abteien Himmerod und Marienstatt im Westerwald ist das Verhältnis angespannt, manche sagen sogar zerrüttet. Offiziell sagt das keiner der verantwortlichen Ordensoberen.
Der Grund für den Zoff der Zisterzienser: Die knapp 900 Jahre alte Abtei in der Eifel steckt in finanziellen Schwierigkeiten, musste Ende vergangener Woche Insolvenz für ihre Wirtschaftsbetriebe beantragen. Bittere Tage für den Himmeroder Interimsabt Pater Stephan. Der wegen seines Afrika-Engagements und zahlreicher Buchveröffentlichungen weit über die Region hinaus bekannte und geschätzte Mönch führt seit Anfang des Jahres die Geschäfte, nachdem der langjährige Abt Bruno Fromme zurückgetreten war. "Aus Alters- und Gesundheitsgründen", wie es offiziell hieß. Klosterkenner behaupten allerdings, dass der 73-jährige Abt keinesfalls aus völlig freien Stücken zurückgetreten sei. "Er wurde von den Kongregationsoberen aus Marienstatt und Mehrerau freundlich darum gebeten", sagt ein Insider.
Fakt ist, dass die Zisterzienser-Oberen aus dem Westerwald und Österreich schon Anfang des Jahres in die Eifel kamen, um sich vor Ort ein Bild vom Problemfall Himmerod zu machen. Denn die wirtschaftliche Schieflage der Eigenbetriebe fiel nicht vom Himmel, sondern plagt die Abtei seit Jahren. Alle Rettungsversuche schlugen fehl, die Abtei Himmerod Betriebsgesellschaft mbH schreibt weiter rote Zahlen.
Der Glaube und die Hoffnung, dass die elf Himmeroder Mönche an dieser vertrackten Situation noch etwas ändern können, ist bei den Zisterzienser-Oberen offenbar inzwischen auf dem Nullpunkt angelangt. Mit dem ihm zugeschriebenen Ausruf "Da hilft auch kein Beten mehr!" soll der Himmerod-Vorgesetzte Vater-Abt Andreas (Kloster Marienstatt) vor gut einer Woche den Gang zum Insolvenzgericht vorgegeben haben.
Auch an der am Donnerstag im Dienstzimmer eines Dortmunder Notars geplatzten Gründung eines Himmerod-Unterstützervereins soll der Vater-Abt schuld gewesen sein, sagen Teilnehmer. "Uns wurde deutlich signalisiert, dass die Vereinsgründung Marienstatt stört", sagt ein designiertes Vorstandsmitglied; "Pater Andreas hat interveniert und torpediert", sagt ein anderer Beinahe-Vorständler. Der Entschluss, das gesamte Kloster dichtzumachen, sei angeblich längst gefallen.
Für Journalisten ist der Himmerod vorgesetzte Westerwälder Mönch seit Tagen nicht mehr erreichbar. "Kein Mensch will Himmerod vernichten", hatte er dem TV noch in der vergangenen Woche gesagt. Eine aktuelle Stellungnahme zu den seit Donnerstagabend kursierenden Schließungsgerüchten gibt es immerhin aus dem österreichischen Mehrerau, wo mit Pater Anselm der Abtpräses der Zisterzienser-Kongregation sitzt. Es ist jenes Gremium, das Anfang Oktober endgültig über die Zukunft der knapp 900 Jahre alten Abtei entscheiden wird. "Natürlich sind wir über Himmerod informiert", sagt Sprecher Harald Schiffl, "aber über die Zukunft des Klosters wird definitiv erst beim Konvent im Oktober entschieden, wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen."
Das Gottvertrauen in eine für Himmerod zukunftsträchtige Entscheidung des Konvents ist im Salmtal offenbar eher gering. "Es gibt auf jeden Fall eine Perspektive, wenn da im Oktober etwas passieren sollte", sagt Interimsabt Pater Stephan, ohne mehr ins Detail zu gehen. Das muss der 77-jährige Priester auch nicht. Die Kongregationsoberen werden die Austrittsdrohung auch so verstehen.Die Zisterzienser sind ein Mönchsorden, der durch Reform aus den Benediktinern hervorgegangen ist. Die Reformer wollten sich wieder auf den strengen Kern des Mönchtums besinnen: Gebet, Schweigen, Einsamkeit und Arbeit. Bernhard von Clairvaux sorgte für eine weltweite Verbreitung des Zisterzienserordens. Er gründete 68 Klöster, darunter auch die Abtei Himmerod. Die Mehrerauer Kongregation ist ein Verband von sieben Männerabteien und 13 Frauenklöstern des Zisterzienserordens in Österreich, der Schweiz, Deutschland, Slowenien und in den USA. Himmerod gehört dazu. sey

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