Eine Blitzeinigung mit weitreichenden Folgen

Berlin · Die Kölner Chaos-Nacht treibt die Politik zur Eile. Es dauert keine zwei Wochen, da sind sich die zuständigen Minister von Union und CDU bereits einig: Das Ausweisungsrecht soll nochmals verschärft werden.

Berlin. Erstmals nach der Weihnachtspause und den Ereignissen von Köln kamen gestern auch die Unionsabgeordneten zur Fraktionssitzung zusammen. In ihren Wahlkreisen hatten die Parlamentarier bei zahlreichen Empfängen den Frust der Basis angesichts des anhaltenden Flüchtlingsstroms zu hören bekommen. "Die Sorgen sind natürlich groß", hieß es. Doch gestern war kein Tag, um mit der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin hart ins Gericht zu gehen. Die Debatte verlief laut Teilnehmern zwar kritisch, aber gemäßigt.Gemeinsame Ankündigung


Aus zwei Gründen: Zum einen dämpfte das Attentat in Istanbul die Stimmung der Fraktion. Vor der Sitzung hatte sich Merkel zu einer kurzen Krisenbesprechung mit Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in einen Garderobenraum zurückgezogen. Anschließend erläuterte sie der Fraktion die Lage.
Zum anderen hatten de Maizière und Justizminister Heiko Maas (SPD) bewusst vor der Sitzung ihre Blitzeinigung bei der erleichterten Ausweisung von kriminellen Ausländern verkündet. Das nahm etwas den Druck aus dem Kessel. Dem Vernehmen nach ließen sich 14 Kritiker der Merkel'schen Flüchtlingspolitik aber nicht beirren. Zum dritten Mal in Folge musste sie damit eine heikle Debatte in der Unions-Fraktion bestehen. Es habe sich in der sachlichen Diskussion keiner zu Wort gemeldet, der Merkels Kurs ausdrücklich unterstützt hätte, meinte einer.
Stattdessen sagte etwa die hessische Abgeordnete Erika Steinbach mit Blick auf die Ereignisse in Köln, schon die Integration der bisher gekommenen Flüchtlinge und Migranten sei nicht gelungen, wie solle man da eine Million bewältigen. Andere verwiesen darauf, dass weiterhin täglich 2000 bis 3000 Flüchtlinge kommen. Das könne das Land nicht verkraften. Deutschland müsse die Kontrolle über den Zustrom zurückgewinnen, forderte etwa der Baden-Württemberger Armin Schuster.
Die Einigung über erleichterte Abschiebungen wurde von einigen Rednern begrüßt. De Maizière und Maas hatten konsequente Gesetzesverschärfungen vorgelegt. Nun sollen kriminelle Ausländer deutlich schneller ausgewiesen werden. Bereits dann, wenn sie wegen eines schwerwiegenden Deliktes zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurden, unabhängig davon, ob die Strafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Davon betroffen sein sollen Täter, die wegen gewalttätiger Angriffe auf das Leben einer Person, wegen Körperverletzung, Sexualdelikten, Angriffen auf Polizisten und wegen Serieneinbrüchen verurteilt worden sind. Die Verschärfungen sollen auch für Heranwachsende gelten. Bei Vergewaltigung und sexuellem Missbrauch sollen überdies Schutzlücken geschlossen werden."Kein Schnellschuss"


Während de Maizière das Paket bei der CDU präsentierte, trug Maas nebenan im Fraktionssaal der SPD vor. Parteichef Sigmar Gabriel sagte dort, die Maßnahmen seien "kein Schnellschuss, sondern wohl überlegt". Offenen Widerstand gab es bei den Sozialdemokraten nicht, aber doch einige skeptische Äußerungen. Die frühere Sprecherin des linken Flügels, Hilde Mattheis, meinte, das Paket sei "weiße Salbe". Der Außenpolitiker Nils Annen sorgte sich, ob man mit solchen Beschlüssen "nicht in der Bevölkerung Erwartungen weckt, die dann nicht kommen". Er meinte die Umsetzung von Abschiebungen. Die praktischen Hürden, jemanden zurückzuschicken, wenn die Heimatländer sie nicht einreisen ließen, würden ja nicht kleiner. Annen kennt sich da aus. Er war vorher gerade in Algerien gewesen. Es gehört zu diesen Ländern.

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