Eine Formel für 50 000 Jobs?

Berlin . Arbeitsminister Franz Müntefering will mit seinen Kombilohnplänen die Situation älterer Arbeitnehmer am Arbeitsmarkt verbessern.

Als Vizekanzler ist Franz Müntefering die Schlüsselfigur für die SPD in der schwarz-roten Bundesregierung: Garant für soziale Politik, Scharnier zwischen Kabinett, Fraktion und Partei - und ebenbürtiger Widerpart von Kanzlerin Angela Merkel. Doch nach anfänglicher Euphorie ist die Liebe vieler in der SPD-Bundestagsfraktion zum kantig-schroffen Spitzengenossen abgekühlt. Mit dazu beigetragen hat vor allem Münteferings Vorstoß, das gesetzliche Renteneintrittsalter von 65 schrittweise auf 67 anzuheben. Zugleich versprach der Sauerländer damals, die Rente mit 67 durch Maßnahmen zur Verbesserung der Beschäftigung positiv zu flankieren. Jetzt überraschte der Arbeits- und Sozialminister die eigene Partei, die Union und die Opposition mit seinem hektischen Vorstoß zum Kombilohn, der bereits heute in seinen Eckpunkten dem Kabinett präsentiert werden soll. Geplant war dies erst für September. Seine "Initiative 50 plus" ist für die große Koalition auch ein wichtiger arbeitsmarktpolitischer Baustein, der die von 2012 an geplante Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters vorbereiten soll. Die Initiative soll dazu beitragen, dass mehr Deutsche länger arbeiten und so die Rente mit 67 finanzieren helfen. Denn derzeit sind nur 45 Prozent derer, die 55 und älter sind, im Erwerbsleben. Bis 2010, so der feste Wille Münteferings, soll der Anteil auf 50 Prozent erhöht werden. Sonst könnten die kühnen Rentenpläne ins Wanken geraten. Heute gehen Arbeitnehmer in Deutschland im Schnitt schon mit 63 in Rente. Mit Stand Juni bezogen rund 533 000 Menschen über 50 Arbeitslosengeld I. Knapp 620 000 über 50-Jährige mussten sich zuletzt mit dem niedrigeren Arbeitslosengeld II begnügen. In beide Erwerbslosengruppen will der Vizekanzler mit seinem Vorstoß, der nach eigenen Aussagen 100 000 Jobs bringen soll, zügig Bewegung bringen. Doch Müntefering sieht sehr wohl, dass zwar die Konjunktur deutlich angesprungen ist, dass die Zahl der Neueinstellungen aber nach wie vor nicht befriedigen kann. Münteferings Konzept, das ab 2007 umgesetzt werden soll, besteht aus mehreren Facetten. Erwerbslose, die älter als 50 Jahre sind und Arbeitslosengeld I bekommen, sollen nach den Plänen des Ministers, die unserer Redaktion vorliegen, im ersten Jahr der Eingliederungsförderung 50 und im zweiten Jahr 30 Prozent der Lohndifferenz zum letzten Nettolohn erstattet bekommen. Vorausgesetzt, sie nehmen die schlechter bezahlte Stelle an. In der Praxis hieße das, verdiente ein Arbeitnehmer zuletzt 2000 Euro, nimmt dann aber einen Job an, in dem er nur 1500 Euro bekommt, würde der Staat dieses Gehalt zwei Jahre lang aufstocken. Im ersten Jahr der neuen Erwerbstätigkeit auf 1750, im zweiten auf 1650 Euro. Anders als im geltenden Recht sollen die betroffenen Arbeitnehmer darauf einen Rechtsanspruch erhalten. Außerdem soll sichergestellt werden, dass 90 Prozent der Rentenversicherungsbeiträge weitergezahlt werden. Die Kosten für dieses Paket betragen laut Ministerium 250 Millionen Euro. Angepeilt sind damit 50 000 Jobs. Das zweite Förderpaket betrifft die Empfänger von Arbeitslosengeld II. Es ist vorgesehen, dass ein Arbeitgeber einen Zuschuss zwischen 20 und 40 Prozent des Lohnes bekommt, wenn er jemanden aus dieser Erwerbslosengruppe einstellt. Dieser Seniorenbonus soll sich auf einen Zeitraum von zwei Jahren erstrecken. Bedingung ist, dass der Arbeitgeber den Arbeitsplatz mindestens ein Jahr erhält. Diese Eingliederungshilfe wird die öffentliche Hand insgesamt 300 Millionen Euro kosten. Auch bei diesem Projekt sind 50 000 Jobs geplant. Zum dritten will Müntefering die staatlichen Zuschüsse für Weiterbildung ausbauen. Bislang können nämlich nur Unternehmen mit bis zu 100 Beschäftigten staatliche Zuschüsse für Weiterbildung in Anspruch nehmen. Diese Schwelle soll auf 250 Beschäftigte angehoben werden.

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