Eine Frage der Ethik

Berlin. Das Thema ist ebenso spannend wie kompliziert. Seit zehn Jahren wird über Biopatente gestritten, die Frage also, ob genveränderte Organismen wie eine technische Erfindung patentierbar und damit vermarktbar sind.

Seit über fünf Jahren zanken sich auch Bundesregierung (und Regierungen anderer Länder) mit der Europäischen Kommission über die entsprechende Richtlinie der EU, die in nationales Recht umgesetzt werden muss. Am Freitag hat nun der Bundestag nach heftigen Wehen das Kind zur Welt gebracht und ein Biopatentgesetz beschlossen. Mit diesem Kompromiss wird nach Ansicht der Kritiker das Schlimmste verhindert und die EU nachdrücklich aufgefordert, ihre Richtlinie noch einmal zu überarbeiten. Worum es geht, macht ein Beispiel deutlich, das noch recht harmlos ist: Nach Angaben von Greenpeace hat das Europäische Patentamt in München einer spanischen Behörde ein Patent auf Sonnenblumen mit einem erhöhten Ölgehalt erteilt. Patentiert worden seien die Pflanze, das Saatgut sowie das Öl zum Backen, Rösten und Kochen als Bestandteil von Margarine und Backwaren. Die Kritiker - Umweltschutzorganisationen, Kirchen und fast alle Parteien - halten zu großzügige Regelungen aber für unzulässig, ja gefährlich. Biopatente berührten grundsätzliche Fragen der Ethik und Moral, sagte die Expertin der Grünen, Ulrike Höfken, die wie viele andere energisch gegen die EU-Richtlinie angekämpft hat. Die Brisanz des Themas liegt im Bereich der Verwertung gentechnischer Patente im menschlichen Bereich. Und hier sind sich die Parteien weitgehend einig: Der menschliche Körper in allen seinen Teilen könne und dürfe nicht patentierbar sein, betonte der Rechtsexperte der CDU, Norbert Röttgen. Natürlich warf er der rot-grünen Koalition auch "Uneinigkeit und Untätigkeit" vor. Am Ende haben sich jedenfalls SPD, Grüne und die Union geeinigt. Allerdings ist das Problem internationaler Natur, das deutsche Recht gilt nur in Deutschland. Immerhin verbessern sich nun auch die Klagemöglichkeiten gegen ausländische Anträge, die vom Europäischen Patentamt (in München) erteilt werden. Wie problematisch der Sachverhalt ist, zeigen Beispiele. Weil bisher die Patentierung von biologischem Material und unbelebter Materie rechtlich kaum geregelt ist, konnte oder musste das Patentamt Zertifikate erteilen, die nur schwerlich mit den ethischen Interessen der Gesellschaft vereinbar sind. So wurde nach Angaben der Grünen Ulrike Höfken (Bitburg) der Firma "Human Genom Science" ein Patent erteilt für eine Genmanipulation, die einen Eiweißstoff mit wichtigen Lebensfunktionen herstellt. Der entscheidende Punkt: Auch die Verwendung mit der Forschung ist damit patentiert, und so ergeben sich Monopolrechte. Ein Bombengeschäft - das andere Firmen daran hindert, preiswertere Tests zu entwickeln. Um die "absurde und willkürliche Richtlinie der EU" (Höfken) den deutschen Anforderungen an Ethik anzupassen, haben sich die Fraktionen zu einem Gesetzentwurf durchgerungen, der so genannte "Stoffpatente" auf Gene oder Gensequenzen einschränkt. Nach deutschem Recht darf künftig nur ein Patent für eine Funktion eines menschlichen Gens erteilt werden, nicht aber für die Sequenz (Folgewirkung).

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort