Eine Frage der Zeit

US-Präsident George W. Bush würde es am liebsten sehen, so ließ er kürzlich verbreiten, wenn das umstrittene Internierungslager Guantánamo Bay leer wäre. Nun, nachdem Militärs erstmals offiziell drei Selbstmorde von Terrorverdächtigen eingeräumt haben, wird der Druck steigen, den Worten Taten folgen zu lassen.

Bush als Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte könnte mit einem Federstrich das Lager und damit auch jenen rechtsfreien Raum schließen, der massive Kritik von Menschenrechtsgruppen und europäischen Politikern auf sich gezogen hat. Dass Bush bisher nicht den Schließungsbefehl gegeben hat, dürfte am Widerstand konservativer Hardliner in der Regierung - wie Bushs Vize Dick Cheney und Verteidigungsminister Donald Rumsfeld - liegen. Auf US-Boden müsste man den Internierten zügig einen fairen Prozess machen, und dabei möglicherweise einräumen, dass ein Teil der bisher von der Genfer Konvention ausgeschlossenen "feindlichen Kämpfer" unrechtmäßig festgehalten wird. Auch würden die USA mit der Schließung eines der größten Abschreckungsmittel im Kampf gegen den Terror verlieren. Denn gerade weil den Häftlingen dort kein reguläres Justizverfahren zur Verfügung steht, verpufft die von der El-Kaida-Führung ausgegebene Parole wirkungslos, Terroristen sollten bei einer Festnahme stets jegliche Schuld und alle extremistischen Aktivitäten abstreiten. Doch angesichts der anhaltenden Negativschlagzeilen dürfte es nun nur noch eine Frage der Zeit sein, bis sich Bush dem Druck beugt - und damit den Stachel im Fleisch einer Nation beseitigt, die sich gerne als Propagandist für Demokratie und Menschenrechte präsentiert. nachrichten.red@volksfreund.de

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