Eine Märchenburg mit dunklem eheimnis

Die Grimburg bei Hermeskeil ist eine der weitläufigsten Burgen der Region. Ihr markanter rekonstruierter Turm lockt nicht nur Wanderer - auf der Burg kann sogar geheiratet werden. Dabei ist die Geschichte des Gemäuers alles andere als romantisch.

Grimburg. Grimmig wirkt sie nicht, die Grimburg, eher wie eine kleine Märchenburg. Sanft fügt sie sich in die hügelige Wald- und Wiesenlandschaft des Hochwalds. Geht man vom gleichnamigen Örtchen auf die Grimburg zu, entlang der geschlängelten Pfade am Waldrand, erscheint ihr markanter Turm erst, wenn man ihr schon recht nah ist. So wirkt die Grimburg harmlos und unschuldig, genau wie das 500-Einwohner-Örtchen - doch beides soll eine dunkle Vergangenheit umwehen.

Wenige Stunden zuvor: Die Vergangenheit liegt in einem alten Bauernhaus mit riesigem Scheunentor verborgen, direkt am Dorfplatz von Grimburg. Helga Arm weiß fast alles über sie. Sie ist Mitglied im Förderverein der Grimburg und führt gerne durch das kleine Museum am Dorfplatz. "Es ist wirklich unglaublich, dass das alles bei uns und in den Dörfern ringsum passiert ist. Da haben drei Leute mit dem Finger auf irgendjemanden gezeigt - schon war er oder sie schuldig", sagt Helga Arm, als sie die Treppe hinaufgeht. Durch die Tür im ersten Stock ist dunkles Metall zu erkennen, Kanonen, Teile von Messern, Vorhängeschlösser. Geht man durch die Tür im zweiten Stock, fallen eine Leiter, ein Haken und ein Strick ins Auge.

Alles harmloser Burgen-Schnick-Schnack? "Damit wurden vor 400 Jahren Geständnisse erpresst", erklärt Helga Arm - in einer Zeit, zu der Geständnisse als Beweise galten. Um 1600 herrschte in ganz Mitteleuropa der Hexenwahn, auch im Hochwald, auch auf der Burg Grimburg. Hier wurde rund 40 Hexen, Männern und Frauen, der Prozess gemacht. Sie wurden zuerst gefoltert, dann in einer Stroh- und Reisighütte verbrannt. Ganze Ortschaften wurden dezimiert: "In Weierweiler wurden 15 Personen verbrannt, das war mehr als die Hälfte der Einwohner", sagt Helga Arm. Zum größten Teil kennt man noch die Namen der Opfer. Auf einer rund zwei Meter hohen Tafel sind sie verzeichnet: "Da bleiben alle stehen. Viele Besucher erkennen einen Namen wieder" Eine dunkle Episode europäischer Geschichte voller Gewalt und Verfolgung wird vor Ort erlebbar.

Zwischen Bergfried und Zwinger



Nicht nur die Geschichte ist finster: Kurz vor Grimburg spedente ein Wäldchen Schatten, ein kalter Lufthauch. Dann geht es steil hinauf, der Turm der Burg wirkt so noch höher, noch mächtiger. An fünf Meter hohen Mauern vorbei betritt man den weitläufigen Vorhof der Burg. Jetzt wird das Ausmaß der Teilruine deutlich. "Sie ist zwar nicht die bedeutendste, aber eine der weitläufigsten aller Burgen in Kurtrier" - Dittmar Lauer steht zum Empfang vor der rekonstruierten Zugbrücke. Lauer ist seit 25 Jahren im Vorstand des Fördervereins und führt Gäste durch die Burg. Er hat eine starke Beziehung zu dem Gemäuer. "Ich habe hier schon vor 60 Jahren als Kind gespielt, damals sind wir auf den Trümmern rumgerutscht." Diese Trümmer mussten zunächst weggeräumt werden, ehe 1978 die Wiederaufbauarbeiten begannen. Die Steine lagen hoch bis zur ersten Etage des Turms. Danach wurden Teile der Burg mit den alten Steinen auf den ursprünglichen Fundamenten wieder aufgebaut.

Lauer führt direkt zum Bergfried, dem Hauptturm der Grimburg. Im hölzernen Treppenhaus ist es dunkel. Es geht hinauf, über enge, knarrende Treppen. Im obersten Stockwerk des Turmes erhascht man durch die schmalen Schießscharten einen atemberaubenden Blick über den Hochwald. Beim Blick nach unten erkennt man die Umrisse der alten Burg: Das alte Wirtshaus, bei dem nur noch eine Rampe auf den damals vorhandenen Weinkeller hinweist; die Kapelle mit dem quadratischen Fundament des ehemaligen Glockenturms; den Zwinger, in dem früher wilde Tiere die Angreifer vor der Burgmauer attackierten. Von den Hexen jedoch keine Spur. Man muss genauer hinsehen, sagt Lauer. Steigt man die Treppen wieder hinab, fällt am Boden ein rechteckiges Gitter auf. "Darunter vermuten wir das ehemalige Gefängnis", sagt der Grimburg-Experte. "In einem anderen Turm der Burg - dem Hexenturm - haben wir auch Fußfesseln und verrottetes Stroh gefunden"

Durchs Lauers Erklärungen entstehen im Kopf Bilder vom "dunklen Mittelalter" - auch wenn die Hexenverfolgung ein Phänomen der Frühen Neuzeit ist. Doch der Blick auf die pittoresken Mauern und das lebendige Grün der Natur offenbaren die Grimburg als schönes Kleinod der Gegenwart. Offenbar so romantisch, dass dort sogar geheiratet wird. Bald soll hier auch noch ein Kiosk für die Wanderer des Saar-Hunsrücks entstehen. 400 Jahre nach den Hexenverfolgungen hat ein Besuch auf der Burg ausschließlich angenehme Seiten.

Die schönsten Ziele der Region stellt die Volksfreund-Redaktion freitags auf der Seite "TV-Tagestour vor."

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