Eine souveräne Entscheidung

Die Entscheidung des Bundespräsidenten, Christian Klar gar nicht und Birgit Hogefeld derzeit nicht zu begnadigen, entzieht sich einer objektiven Bewertung. Die Gründe sind nicht überprüfbar, Horst Köhler hat keinen einzigen mitgeteilt.

Die Entscheidung des Bundespräsidenten, Christian Klar gar nicht und Birgit Hogefeld derzeit nicht zu begnadigen, entzieht sich einer objektiven Bewertung. Die Gründe sind nicht überprüfbar, Horst Köhler hat keinen einzigen mitgeteilt. Das Gnadenrecht findet in einer Grauzone des Rechts statt, die dem höchsten Repräsentanten die persönliche Möglichkeit gewährt, Gnade vor Recht ergehen zu lassen. Es kennt Kriterien wie Milde, Mitleid oder Reue und ist höchst subjektiv. Niemand war bei den Gesprächen zugegen, die Horst Köhler in dieser Angelegenheit geführt hat, mit den Hinterbliebenen der Opfer und zuletzt auch mit Christian Klar selbst. Niemand weiß, welche Gefühle sie bei ihm hinterließen.

Das einzige, was man weiß,ist, dass der Bundespräsident sich seine Entscheidung nicht leicht gemacht und dass er alles nur Erdenkliche abgewogen hat. Durch dieses verantwortungsbewusste Vorgehen hat Horst Köhler sowohl der Institution des Gnadenrechts als auch seinem Amt einen großen Dienst erwiesen.

Teile der Union haben versucht, massiven Druck auf den Bundespräsidenten auszuüben, damit er vor allem Christian Klar nicht freilasse. Sie haben seine persönliche Gnadenentscheidung zur parteipolitischen Profilierung missbraucht. Bis hin zur Drohung, Köhler nicht wieder zu wählen, bis hin zur Aufforderung an die Justizministerin, einen eventuellen Gnadenakt nicht gegenzuzeichnen. Sie sind sehr weit gegangen. Im Ergebnis ist ein großer Scherbenhaufen zurückgeblieben. Das Amt des Bundespräsidenten und sein Inhaber wurden beschädigt.

Horst Köhler wird trotz aller Sorgfalt gegen den Ruf ankämpfen müssen, sich letztlich dem Druck gebeugt zu haben. Das Gnadenrecht drohte zu einer öffentlichen Schlammschlacht zu verkommen. Zuletzt veranstalteten Boulevard-Medien schon Ted-Umfragen über die Freilassung Christan Klars.

Auf der anderen Seite bekommt die radikale Linke neue Vorwände, um die Mythen der "Rote Armee Fraktion" fortzuschreiben. Die törichten Jubelrufe über Köhlers Nein werden sie darin noch bestärken. Nach der so genannten Isolationshaft und den angeblichen Morden von Stammheim nun der gnadenlose Staat. Im schlimmsten Fall wird das bei einigen den Wahn wieder beleben, sich im Krieg mit diesem Staat zu befinden.

Horst Köhler war in dieser Auseinandersetzung sehr viel souveräner, als viele von denen, die ihn seinerzeit zum Bundespräsidenten gemacht haben. Er sollte sich ernsthaft überlegen, ob er von diesen Leuten wirklich noch einmal gewählt werden will.

 Werner Kolhoff.

Werner Kolhoff.

Foto: Iris Maurer
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