Eine vermeidbare Tragödie

Obwohl der Eifeler, der im vergangenen Sommer bei einem Unfall ein Ehepaar getötet hatte, bis zum Schluss leugnete, zu viel getrunken zu haben, konnte das Gericht dem 32-Jährigen gestern nachweisen, dass er fahruntüchtig gewesen war. Ein Rechtsmediziner brachte die Wende in dem Prozess.

 Haftstrafe für Unfallfahrer: Arno B. (links, beim Prozessauftakt) und sein Anwalt Michael Hasslacher. TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Haftstrafe für Unfallfahrer: Arno B. (links, beim Prozessauftakt) und sein Anwalt Michael Hasslacher. TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Trier. Richter Albrecht Keimburg ist ein Freund deutlicher Worte. Mehrmals hatte er während des viertägigen Prozesses Arno B. verständlich gemacht, dass es eng für ihn werden könnte. Direkt zu Beginn hatten Zeugen ausgesagt, dass der 32-Jährige wohl ziemlich betrunken war, als er gegen 4.20 Uhr das Sommerfest in Hargarten (Eifelkreis Bitburg-Prüm) verließ und mit seinem 170 PS starken silberfarbenen BMW über die Kreisstraße 130 in seinen zwei Kilometer entfernten Heimatort Lambertsberg fahren wollte."Falsch verstandene Freundschaft"

Doch B. blieb bis zum Schluss dabei, er habe kaum was getrunken, allenfalls ein paar Radler, Cola-Bier und höchstens zwei Cola-Asbach. Das Gericht hatte von Anfang an Zweifel an dieser Aussage. Was Keimburg jedoch richtig wütend machte, war die "falsch verstandene Freundschaft", von der er in seiner mehr als einstündigen Urteilsbegründung gestern Abend mehrfach sprach. Es sei beschämend, empörte sich der Vorsitzende Richter, dass Freunde und Arbeitskollegen, wie etwa der Auszubildende aus B.'s Dachdeckerbetrieb, versucht hätten, zu verschleiern, dass der 32-Jährige zu viel getrunken habe. Vor allem den beiden Arbeitskollegen, die mit ihrem Chef an dem Abend zuvor auf einem Richtfest und später auf dem Sommerfest gefeiert hatten, fiel es offenkundig schwer, den Dachdeckermeister zu belasten. Keimburg warf B. vor, er habe es zugelassen, dass seine Freunde bewusst falsch für ihn ausgesagt hätten. 35 Zeugen wurden in dem straff geführten Prozess vernommen - an allen Tagen wurde bis in den frühen Abend verhandelt. Trotzdem sah es bis zum letzten Tag so aus, als hätte es das Gericht schwer, B. nachzuweisen, dass er fahruntüchtig war. Zumal bei der Blutprobe, die dem Unfallfahrer zehn Stunden nach der Tragödie entnommen worden war - so lange war er auf der Flucht - , null Promille festgestellt worden waren. Erst das Gutachten des Mainzer Rechtsmediziners Reinhard Urban brachte den entscheidenden Durchbruch in der Beweisführung. Detailliert widerlegte der Experte die Behauptung, B. habe an dem Abend kaum etwas getrunken. Trotz der negativen Probe konnte Urban durch eine nachträgliche Blutanalyse nachweisen, dass B. gegen 4.20 Uhr, als er mit fast 100 Stundenkilometern auf der K 130 ungebremst in die drei Fußgänger raste, mindestens 0,6 Promille gehabt haben muss. Außerdem sei es sehr wahrscheinlich, dass der Unfallfahrer fast ausschließlich Hochprozentiges an dem Abend getrunken habe. In diesem Moment ging ein Raunen durch die Zuschauerreihen. Damit war allen Prozessbeteiligten klar, dass B. überführt war. Zumal Urban deutlich machte, dass der Unfall bei geringerer Geschwindigkeit und besserer Reaktionszeit des 32-Jährigen hätte vermieden werden können. Das Ehepaar hatte keine Chance

 Der beschädigte BMW des 32-Jährigen aus Lambertsberg. TV-Foto: Archiv/ Hermann Winter

Der beschädigte BMW des 32-Jährigen aus Lambertsberg. TV-Foto: Archiv/ Hermann Winter

So hatte das Ehepaar, das eingehakt auf der rechten Seite der unbeleuchteten Straße zusammen mit einem Bekannten auf dem Heimweg war, keine Chance. Der BMW erfasste die 44-Jährige an den Beinen, sie wurde auf die Windschutzscheibe katapultiert und 42 Meter weit weggeschleudert. Wie ihr Mann, 48, der gegen die rechte Seite des Wagens knallte und weggeschleudert wurde, war sie sofort bei dem Aufprall tot. Der 46-Jährige, der den Unfall schwer verletzt überlebt hat, wurde wahrscheinlich von einem durch die Luft geschleuderten Körper getroffen und zu Boden gerissen. In Panik fuhr B. danach weiter, setzte unter falschem Namen einen Notruf bei der Polizei ab und blieb zehn Stunden bis zu seiner Festnahme bei Bekannten verschwunden. Obersstaatsanwalt Hans-Peter Hemmes sprach von einer "panischen Flucht", mit der er versucht habe, seine Trunkenheit und die Tragödie zu verschleiern. Das Gericht folgte dem Antrag, B. zu einer Gefängnisstrafe von zweieinhalb Jahren wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung, Unfallflucht und unterlassener Hilfeleistung zu verurteilen. Allerdings habe es sich nicht um einen Unfall, sondern um eine Straftat gehandelt, schloss der Richter seine Urteilsbegründung. Der Anwalt von B. gekündigte an, Revision gegen das Urteil einzulegen.

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