Eine Vision und eine Arbeitsgruppe

Trier · Das Kernkraftwerk Cattenom ist für Luxemburg existenzbedrohend: Das sagt der luxemburgische Umweltstaatssekretär Camille Gira am Montag beim Energiegipfel der Großregion in Trier. Konkrete Ergebnisse zu Cattenom gibt es nicht.

 Energiegipfel der Großregion in Trier: der luxemburgische Staatssekretär Camille Gira, die rheinland-pfälzische Energieministerin Eveline Lemke, Ministerpräsidentin Malu Dreyer, der Ministerpräsident der Deutschsprachigen Gemeinschaft in Belgien, Karl-Heinz Lambertz, und der saarländische Umweltminister Reinhold Jost. TV-Fotos: (2) Friedemann Vetter

Energiegipfel der Großregion in Trier: der luxemburgische Staatssekretär Camille Gira, die rheinland-pfälzische Energieministerin Eveline Lemke, Ministerpräsidentin Malu Dreyer, der Ministerpräsident der Deutschsprachigen Gemeinschaft in Belgien, Karl-Heinz Lambertz, und der saarländische Umweltminister Reinhold Jost. TV-Fotos: (2) Friedemann Vetter

 Umweltschützer fordern die Abschaltung von Cattenom. Nach dem Treffen zeigten sie enttäuscht von den Ergebnissen.

Umweltschützer fordern die Abschaltung von Cattenom. Nach dem Treffen zeigten sie enttäuscht von den Ergebnissen.

Trier. Alexander Schmitt kann sich nicht so recht freuen. Er habe ja schon keine hohen Erwartungen an das Treffen gehabt. Aber das, was dabei herausgekommen sei, sei ja doch enttäuschend, sagt der Trierer Aktivist der Umweltschutzorganisation Greenpeace. Zusammen mit gut zehn weiteren Atomkraftgegnern demonstriert er vor dem Eingang der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier für ein sofortiges Abschalten des Kernkraftwerks Cattenom. Und gegen das geplante Atommüllendlager im französischen Bure.
Über drei Stunden harren die Umweltschützer aus, halten ihre Transparente hoch. Während drinnen, im ehrwürdigen Rokokosaal der ADD, die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer und ihre Energieministerin Eveline Lemke zum Gipfeltreffen geladen haben. Vertreter der Großregion aus Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Luxemburg, der Wallonie, der Deutschsprachigen Gemeinschaft in Belgien und aus Lothringen wollen über eine grenzüberschreitende Energiewende reden. Und über das Kernkraftwerk Cattenom.
Obwohl das Thema eigentlich gar nicht im Mittelpunkt des Treffens stehen sollte, hat die Ankündigung der Diskussion dar-über offensichtlich bereits ausgereicht, die Vertreter Lothringens zu verärgern. Eigentlich sollte der Präfekt, also der oberste politische Repräsentant der Region Lothringen, nach Trier kommen. Doch Nacer Meddah hat kurzfristig abgesagt. Offiziell wegen der bevorstehenden Kommunalwahlen in Frankreich am kommenden Sonntag. Doch, so ist von Sitzungsteilnehmern zu hören, scheint Cattenom der wahre Grund für das Fernbleiben des Präfekten zu sein. Immer wieder ärgern sich die Lothringer (und auch Vertreter der Wallonie) darüber, dass in Gremien der Großregion gegen das Kernkraftwerk gestimmt wird. Lediglich zwei Mitglieder des lothringischen Regionalrates, darunter dessen Vizepräsident, nehmen an dem Treffen in Trier teil.
Dreyer versucht nach der dreistündigen Sitzung, die Ergebnisse als Erfolg zu verkaufen. Man sei sich "absolut einig", dass in Sachen Energiewende in der Großregion noch sehr viel Potenzial sei. Die Vision sei, eine eigenständige und autarke Energiegewinnung in der Großregion zwischen Rhein, Mosel, Saar und Maas aufzubauen. Und das möglichst mit erneuerbaren Energien. Dazu soll eine grenzüberschreitende Arbeitsgruppe gebildet werden, die alle Aktivitäten von der Energieerzeugung bis zur -speicherung in einem Informationsportal zusammentragen soll, sagte die rheinland-pfälzische Energieministerin Lemke. Worauf Dreyer den Journalisten aber gleich in den Block diktiert, sie möchten das Treffen nun doch bitte nicht einzig und allein auf die Bildung einer Arbeitsgruppe reduzieren.
In Sachen Cattenom zeigten sich jedoch weiterhin deutlich die Grenzen der Zusammenarbeit in der Großregion. Dreyer gibt sich sehr zurückhaltend, fordert nicht einmal die Abschaltung des Reaktors, spricht stattdessen von einer "intensiven Zusammenarbeit" der Großregion in Sachen Katastrophenschutz, von einer "vertrauensvollen Zusammenarbeit" bei dem Stresstest des Atomkraftwerks. Künftig sollen sich die Bürger auf einer Internetseite über die aktuellen Strahlenmesswerte von Cattenom und des belgischen Kernkraftwerks Tihange informieren können.
Der CDU-Opposition im Landtag ist das alles zu wenig. "Wenn die Ministerpräsidentin immer wieder betont, Paris wegen Cattenom zu ermahnen, soll sie auch Ergebnisse ihrer Gespräche liefern oder den Fahrplan bis zur Abschaltung vorstellen", fordern die CDU-Landtagsabgeordneten Bernhard Henter (Konz) und Arnold Schmidt (Riol). Bisher sei nicht bekannt, dass Frankreich Rheinland-Pfalz signalisiert habe, sich beim AKW Cattenom zu bewegen, kritisieren die Oppositionspolitiker. Camille Gira, Umwelt-Staatssekretär in Luxemburg macht deutlich, dass man Cattenom im Großherzogtum als eine Bedrohung für das Land sieht. Zwei Drittel der Bevölkerung lebten im Umkreis von 30 Kilometern von dem Kernkraftwerk entfernt. Bei einem Unfall stehe die Existenz Luxemburgs auf dem Spiel. Dass sich die Politiker bei dem Treffen dennoch nicht auf ein Abschalten der Anlage einigen konnten, das findet Greenpeace-Aktivist Schmidt einfach nur "schade".

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