Eine Watsch'n für den Westen

Wer gehofft hatte, auf dem Balkan würden langsam Ruhe und ein geordnetes Leben einkehren, wird durch die Serbien-Wahl bitter enttäuscht. Das Volk verehrt weiter seinen Ex-Diktator Slobodan Milosevic und seinen - ebenfalls vor dem Kriegsverbrecher-Tribunal angeklagten - Gefolgsmann Vojislav Seselj.

An den Urnen zeigten die Serben ihren klaren Protest gegen die Reformpolitik, die ihnen vordergründig außer Arbeitslosigkeit und Armut bisher nicht viel gebracht hat. All' jene Politiker, die sich dem Westen zuwandten und für Erneuerung stehen, wurden abgewatscht. Und mit ihnen auch Westeuropa. Denn von den nach dem Ende der Milosevic-Diktatur angekündigten Aufbauhilfen ist nicht viel geblieben. Als Milosevic sinnbildlich gekippt wurde, hatten die EU und die USA großspurig Milliarden versprochen, um den demokratischen und vor allem wirtschaftlichen Aufbau zu forcieren. Doch mittlerweile haben sich so viele andere Krisenherde aufgetan, so viele neue Löcher, die gestopft werden mussten, dass der Balkan scheinbar vergessen wurde. Im Kosovo und in Bosnien sind Militär und Polizei noch präsent, aber in Serbien, dem Haupt-Aggressor und Unfriedenstifter vergangener Zeiten, sieht man kaum, dass etwas bewegt wird. Daher ist es kein Wunder, wenn die Serben - analog zu zahlreichen osteuropäischen, ehemals sozialistischen Ländern - die Parole "Früher war alles besser" ausgaben und sich für ihre früheren Fürsten und deren Nachfolge-Parteien aussprechen. Man ist enttäuscht von den Parteien, die ein besseres Leben versprechen und fiel auf die populistischen und nicht auf glaubhaftem wirtschaftlichem Fundament fußenden Versprechungen der Sozialisten und Nationalisten herein. Hinzu kommt, dass die Parteien, denen der Umbruch zugetraut wurde, untereinander derart zerstritten sind, dass sie eher einem Hühnerhaufen als einem demokratischen Bündnis gleichen. Dass der Balkan weiter ein Pulverfass ist, wissen die Experten, dass aber irgendjemand damit beginnen könnte, den (sozialen) Sprengstoff durch finanzielle Unterstützung zu entfernen, darauf kam noch niemand. So muss Europa noch lange um einen kontinentalen Frieden und eine soziale und wirtschaftliche Angleichung der Regionen zittern. b.pazen@volksfreund.de

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