Einzugsbereich von der Eifel bis zum Westerwald

KOBLENZ. Was in Trier noch ein Wunschtraum ist, gehört in Koblenz zur Realität: Ein stationäres Hospiz nimmt Menschen aus einem großen Umkreis auf. Parallel kümmert sich der unter dem selben Dach angesiedelte Hospizverein um die Betreuung Sterbender zu Hause und die Ausbildung ehrenamtlicher Helfer.

Es sind viele kleine Steine, die in Schalen oder zu kleinen Hügeln gehäuft im nüchternen "Raum der Stille" des Koblenzer Hospizes liegen. Auf jedem Stein steht, in säuberlicher Schrift, ein Name. Wenn jemand stirbt, den die Hospizhelfer oder -schwestern eine Zeit lang begleitet haben, wird er auf diese Weise verewigt. Es sind runde, glatte Steine, fast wie ein Zeichen der Versöhnung miteinem Schicksal, das nicht immer so rund und glatt war. Die Zahl der Steine zeigt, welche Belastungen die hauptamtlichen und ehrenamtlichen Helfer bewältigen müssen. Die acht Betten sind fast ständig ausgelastet, im Schnitt bleiben die Menschen, die zum Sterben hierher kommen, 16 Tage. Es braucht keine Rechenkünste, um auszurechnen, wie oft neue Steine beschriftet werden müssen.Und doch wirken die auf zwei Stockwerke verteilten Räume weder düster noch bedrückend. Die Zimmer sind hell und freundlich, die Betten, wiewohl pflegetauglich, sind mit Holz verkleidet. Trubel gibt es hier allerdings nicht mehr. "Die meisten unserer Gäste wollen nur noch ihre Ruhe", sagt Hospiz-Leiterin Beate Weng. Der Begriff "Gäste" ist nicht zufällig gewählt, erinnert er doch an den sprachlichen Ursprung des Wortes Hospiz (Hospes: der Gast) und drückt auch eine bestimmte Haltung gegenüber den Betreuten aus.Die Wünsche der Gäste sind bescheiden, ein begleiteter "Ausgang" in die Sonne schon fast das Höchste der Gefühle. Demnächst wird das leichter zu realisieren sein, denn das Hospiz zieht aus dem gartenlosen, büroartigen Mietshaus in ein freundlicheres Domizil um."Das war schon lange unser Wunsch", sagt Gisela Textor, die Vorsitzende des Hospiz-Vereins. Der Verein ist Träger der ambulanten Hospiz-Betreuung, die stationäre Einrichtung ist in der Trägerschaft des Stiftungsklinikums Mittelrhein, eines großen Koblenzer Krankenhauses. Man lebt nicht nur unter einem Dach, man kooperiert auch eng. Die Entscheidung, ob ein Sterbender im Hospiz aufgenommen wird oder ob eine ambulante Betreuung zu Hause der sinnvollere Weg ist, treffen die Mitarbeiter beider Einrichtungen oft gemeinsam. Auch mit der Palliativstation in Neuwied gibt es eine ständige Zusammenarbeit.Der Einzugsbereich für das Hospizhaus ist enorm. Von Westerwald bis Eifel, von Siegen bis Bad Kreuznach nutzen Menschen das Angebot. "Auch Krankenhäuser aus Trier und Wittlich haben hier schon Patienten untergebracht, weil es bei ihnen keine Möglichkeiten gab", berichtet Gisela Textor. Kommen die Todkranken aus der Nähe, werden sie von ihrem gewohnten Hausarzt betreut, ist die Entfernung zu groß, stehen dem Hospiz hilfreiche Ärzte aus Koblenz zur Verfügung.Ehrenamtlichkeit spielt eine große Rolle. Für den Hospizverein ist das Haus eine Anlaufstelle mit kleiner Fachbibliothek und einem Organisationszentrum, von dem aus Kurse organisiert, Öffentlichkeitsarbeit angekurbelt und Unterstützer gewonnen werden.Der Pflegebetrieb im stationären Hospiz braucht natürlich auch professionelle Kräfte. Zehn Pflegestellen stehen zur Verfügung, finanziert durch Krankenkassen, Pflegekassen und einen Eigenanteil der Betreuten nach einem bundeseinheitlich festgelegten Schlüssel. Zehn Prozent der Gesamtkosten müssen allerdings auch in diesem Bereich durch Spenden aufgebracht werden - das hat der Gesetzgeber so geregelt, damit kommerzielle Interessen bei der Hospiz-Arbeit außen vorbleiben.Es habe eine Zeit lang gedauert, bis sich die Einrichtung etablierte, erzählt Gisela Textor. Doch inzwischen ist die Nachfrage fast zu groß, trotz der grundsätzlichen Linie "ambulant vor stationär". Man müsse erstmals zum "unangenehmen Instrument der Warteliste greifen", sagt die Vorsitzende des Hospiz-Vereins.Dass in Trier nun die Chance auf die Einrichtung eines Hospizhauses besteht, darüber freuen sich auch die Koblenzer. Der Trierer Hospizverein pflegt einen regelmäßigen Informations-Austausch, schließlich kann man von der Erfahrungen der Kollegen vom Deutschen Eck profitieren. Vielleicht wird ja die Einrichtung in Koblenz ein Stück weit Vorbild für das Projekt in Trier.

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