Elektronische Fußfessel für Straftäter geplant
Nach wochenlangem Streit in der Koalition hat die Bundesregierung gestern Eckpunkte für eine Reform der Sicherungsverwahrung verabschiedet.
Berlin. Neue Pläne der Regierungskoalition in Sachen Sicherungsverwahrung: Offenbar als Zugeständnis an die Union enthält das Konzept von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) auch die Möglichkeit einer elektronischen Fußfessel für bestimmte Straftäter. Fragen und Antworten zum Thema:
Wie ist die geltende Rechtslage?
Zum einen kann das Gericht wegen akuter Rückfallgefahr des Täters schon im Urteil eine Sicherungsverwahrung nach der Haftstrafe anordnen. Zum anderen kann sich das Gericht im Urteil vorbehalten, eine Sicherungsverwahrung später anzuordnen. Davon machen die Richter Gebrauch, wenn sie "nur" Zweifel an der Resozialisierbarkeit des Täters hegen. Schließlich gibt es die nachträgliche Sicherungsverwahrung. Sie wird am Ende der Haftstrafe angeordnet, wenn es zum Zeitpunkt der Verurteilung keine Anhaltspunkte für eine Nicht-Resozialisierbarkeit des Täters gab, sondern erst während der Strafverbüßung.
Was will die Justizministerin?
Nach ihren gestern vom Kabinett beschlossenen Eckpunkten soll die nachträgliche Sicherungsverwahrung ganz abgeschafft werden. Erlaubt ist sie nur noch, wenn sie im ursprünglichen Urteil bereits vorgesehen beziehungsweise angedroht war. Für diese beiden Varianten erhalten die Richter mehr Spielraum. Zugleich soll die Sicherungsverwahrung nur noch bei Gewalt- und Sexualstraftätern zum Zuge kommen. Bislang erstreckt sie sich auch auf andere Kriminelle wie Betrüger oder Diebe.
Was hat es mit den elektronischen Fußfessel auf sich?
Die Ministerin begründet die Notwendigkeit einer "elektronischen Aufenthaltsüberwachung" von entlassenen Straftätern mit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom Dezember 2009. Dabei ging es um einen deutschen Straftäter, dessen Sicherungsverwahrung anfangs auf zehn Jahre befristet worden war und erst während dieser Zeit wegen einer Gesetznovelle auf unbestimmte Zeit verlängert wurde. Die Richter sahen die nachträgliche Rücknahme der Befristung als rechtswidrig an. In der Konsequenz droht jetzt die Entlassung von 70 bis 80 Schwerverbrechern aus deutschen Gefängnissen, deren Sicherungsverwahrung ebenfalls nachträglich verlängert wurde. Sie sollen nun per Fußfessel überwacht werden, wobei sie sich grundsätzlich frei bewegen könnten. Derzeit zeigen die elektronischen Geräte nur an, ob sich ein Straftäter in seiner Wohnung aufhält.
Extra Fahrverbotsidee vom Tisch: Kleinere Straftaten werden auch weiterhin nicht mit einem Fahrverbot geahndet. Das Land Niedersachsen konnte sich am Mittwoch bei der Justizministerkonferenz in Hamburg nicht mit seinem Vorschlag durchsetzen, neben Geld- und Haftstrafen auch ein Fahrverbot als Hauptstrafe in den Ahndungskatalog aufzunehmen. Die Ressortchefs sprachen sich gegen das Ansinnen aus Hannover aus, wie die Nachrichtenagentur dpa erfuhr. Zuvor hatte sich Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) klar gegen ein Fahrverbot ausgesprochen.