Eltern hadern mit dem Bildungswesen

Wenn die Eltern in Deutschland die Politik allein bestimmen könnten, hätte das föderale Bildungswesen längst ausgedient. Überhaupt decken sich die familienpolitischen Positionen der Parteien nur unzureichend mit ihren Sorgen und Wünschen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Untersuchung des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag der Zeitschrift "Eltern", die gestern in Berlin vorgestellt wurde.

Berlin. Was haben die Parteien familienpolitisch drauf? Dazu wurden 1000 Mütter und Väter telefonisch befragt. Fragen und Antworten zum Thema.

Was hat für die Eltern politisch Priorität?

Das Thema Bildung ist für deutsche Eltern wichtiger als alles andere. 81 Prozent wünschen sich von der Politik eine Verbesserung des Schulsystems. Auf dem zweiten Platz (77 Prozent) rangieren finanzielle Entlastungen. An dritter Stelle kommt die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Was stört die Eltern am föderalen Bildungssystem?

Die heillose Zersplitterung. Eltern halten es für unerträglich, sich etwa beim Umzug von einem Bundesland ins andere auf neue Schulformen und Lehrpläne für ihre Sprösslinge einstellen zu müssen. 91 Prozent, also fast alle, stimmen der These zu, das Bildungssystem bundesweit zu vereinheitlichen und gleiche Anforderungen für die Kinder zu schaffen. Im Klartext: Das föderale System muss weg. 64 Prozent meinen, die Kinder müssten länger zusammen lernen anstatt frühzeitig in verschiedene Schulformen aufgeteilt zu werden.

Welche Rolle spielen Privatschulen?

Mehr als die Hälfte der Eltern (54 Prozent) ärgern sich so sehr über das bestehende Bildungssystem, dass sie ihre Kinder lieber auf eine Privatschule schicken würden, wenn sie es sich leisten könnten. Auffällig ist, dass vor allem Eltern mit Hauptschulabschluss dieser Meinung sind (60 Prozent). Bei Hochschulabsolventen ist diese Ansicht deutlich weniger verbreitet (50 Prozent). Offenbar gilt die Hauptschule als Stigma, das betroffene Eltern ihren Kindern lieber ersparen würden.

Lässt die Kritik Rückschlüsse auf eine Parteienpräferenz zu?

Kaum. Die bundesweite Vereinheitlichung des Bildungssystems steht bei den Anhängern aller Parteien fast gleich hoch im Kurs. Von den Eltern mit einer Vorliebe für die Union sprechen sich 90 Prozent dafür aus, bei den SPD-Anhängern sind es 86 Prozent. Bei den Sympathisanten von FDP, Linken und Grünen liegen die Anteile zwischen 94 und 89 Prozent.

Fühlen sich Eltern finanziell gut unterstützt?

Nein, im Gegenteil, der Staat verfügt zwar über zahlreiche Fördertöpfe für Familien, aber 81 Prozent der Befragten sagen, nach ihrem Gefühl komme bei ihnen nichts an. 74 Prozent denken, der Staat gebe ihnen nur das zurück, was er sich vorher über Abgaben und Steuern genommen habe. Lediglich etwa jeder Fünfte (22 Prozent) findet, dass der Staat die Fördermittel für die Familien gerecht verteilt.

Was wünschen sich Eltern zur Entlastung?

Statt direkter Zahlungen an die einzelnen Familien sollte das Geld nach dem Willen von 66 Prozent der Befragten lieber in Bildung und Betreuung investiert werden. Von den Anhängern der SPD sagen das sogar 73 Prozent. Bei der Union sind es dagegen nur 62 Prozent und bei der Linkspartei 60 Prozent. Geht es um den eigenen Geldbeutel, wünschen sich 35 Prozent eine Kindergrundsicherung von 300 bis 400 Euro. 25 Prozent favorisieren höhere steuerliche Freibeträge.

Wie sähe der Bundestag aus, wenn nur Eltern wählen dürften?

Nicht so viel anders als bei allen Wahlberechtigten. 35 Prozent würden sich für die Union entscheiden, 26 Prozent für die SPD, 14 Prozent für die FDP, 13 Prozent für die Grünen und acht Prozent für die Linkspartei. Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung wählen Deutschlands Eltern SPD und Grüne tendenziell etwas stärker. 23 Prozent würden allerdings gar nicht zur Wahl gehen. Für die Parteien besonders alarmierend: Von den jüngeren Müttern und Vätern im Alter zwischen 18 und 34 Jahren wollen 33 Prozent ihre Stimme verweigern.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort