Empörung in Berlin

BERLIN. Die Veröffentlichung von Fotos über eine Totenschändung durch deutsche Soldaten in Afghanistan hat am Mittwoch auch in Berlin Empörung hervorgerufen.

Diesen Tag hatte sich Franz Josef Jung (CDU) anders vorgestellt. Sein wichtigstes Projekt, das Weißbuch der Bundeswehr, wurde am Mittwoch im Kabinett verabschiedet. Nach den Folterwürfen im Fall Kurnaz hat der Verteidigungsminister nun einen zweiten Fall von Übergriffen bei einem Auslandseinsatz zu klären. Die von der "Bild"-Zeitung am Mittwoch verbreiteten Fotos zeigen fünf Bundeswehrsoldaten, die nahe Kabul auf obszöne Weise mit einem Totenkopf posieren. Ein Soldat hält den Kopf neben seinen entblößten Penis, als wolle er darauf urinieren. Ein anderes Bild zeigt, wie die Soldaten den Kopf auf der Motorhaube ihres mit "Isaf" gekennzeichneten Jeeps aufpflanzen.Furcht vor Nachhall in der islamischen Welt

Entstanden sind die Bilder angeblich 2003 bei einer Patrouillenfahrt. Der Schädel soll aus einem Massengrab stammen. Unklar ist, ob es Gebeine eines einst gefallenen russischen Soldaten oder eines Afghanen sind. Zwei Soldaten, ein Stabsgefreiter in Reserve und ein aktiver Stabsunteroffizier, wurden bereits am Mittwoch als mutmaßliche Beteiligte ermittelt und verhört. Jung sagte, ein derartiges Verhalten könne unter keinen Umständen geduldet werden. Er drohte disziplinar- und strafrechtliche Maßnahmen an. "Wer sich so verhält, hat in der Bundeswehr keinen Platz". Er hoffe, dass der Vorgang keinen Nachhall in der islamischen Welt haben werde, sagte Jung. Die Staatsanwaltschaft wurde eingeschaltet. Auf Störung der Totenruhe stehen bis zu drei Jahre Haft. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach den Fall zu Beginn der Kabinettsitzung an und nannte die Bilder abscheulich. Der Vorgang erfordere eine "klare und unmissverständliche Reaktion". In der Kabinettssitzung beschloss die Bundesregierung am Mittwoch auch eine Verlängerung der Operation "Enduring Freedom" zur Terrorismusabwehr am Horn von Afrika und in Afghanistan um ein weiteres Jahr.

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