Entscheidend ist das Vertrauen

Trier · In Zeiten, da die öffentlichen Mittel immer spärlicher fließen, sind gemeinnützige Organisationen um so stärker auf private Spenden angewiesen. Gerade in den Vorweihnachtstagen entscheidet sich, ob die Hilfsangebote im nächsten Jahr eingeschränkt oder erweitert werden.

Trier. Ingrid Wecker hat Großes vor. Die Anlaufstation der "Kleinen Pyramide" im ägyptischen Luxor soll ausgebaut werden. Die ehemalige Journalistin aus Konz hilft bettelarmen Familien im Armenviertel, kümmert sich um behinderte Kinder, bietet kleine Ausbildungsmaßnahmen für die Frauen. Alles finanziert über den gemeinnützigen Verein mit Sitz in Trier, mit Hilfe von Spendern und dauerhaft engagierten Paten.
Dass Ägypten nun schon wieder mit Unruhen in den Schlagzeilen ist, hat eine unerwartete Wirkung auf den Spendenfluss. "Für uns hat sich das sehr positiv bemerkbar gemacht", resümiert Ingrid Wecker, "die Menschen in Deutschland scheinen zu begreifen, was die Situation für die armen Menschen hier bedeutet".
Die "Kleine Pyramide" genießt durch ihre starke Verankerung in der Region Trier ein hohes Vertrauen, das auch in schwierigen Zeiten trägt. Ganz ähnlich wie bei der Gesellschaft für Menschenrechte, die von Wittlich aus Hilfen für Menschen in Syrien oder Albanien organisiert. "Bei uns gibt es keinen Rückgang - im Gegenteil", sagt Organisatorin Katrin Bornmüller. Entscheidend ist aus ihrer Sicht, "dass die Menschen die Ansprechpartner hier in der Region kennen".
Das entspricht genau dem Trend, der sich auch bundesweit zeigt. Je näher die Verbindung zwischen Spender und Projekt, desto größer die Bereitschaft, auch in schwierigen Zeiten zu spenden. "Die Region hat dafür gesorgt, dass wir in diesem Jahr unerwartet gute Einnahmen hatten", erklärt Nestwärme-Chefin Petra Moske.
Verzicht aufs Spendensiegel


Ähnlich geht es vielen Initiativen vor Ort. Die Bürger reagieren seltener auf die Briefpost, die sie zu Spenden für bundesweite Institutionen auffordert, und spenden lieber da, wo sie den Erfolg unmittelbar erleben. Eine Schaukel für die Kita, Unterstützung für einen Sozialfonds, Hilfe für kranke Kinder: Da bedarf es keines Spendensiegels, um die Seriosität zu garantieren. Die meisten lokalen Organisationen sparen sich den Kostenaufwand, den die Zertifizierung bedeutet.
Aber wer sich mit dem Gedanken trägt, sein Geld einer unbekannten Organisation anzuvertrauen, dem können die Informationen des "Zentralinstituts für soziale Fragen", das das Spendensiegel vergibt, durchaus hilfreich sein. Auf der Internetseite www.dzi.de sind zahlreiche überprüfte Institutionen gelistet - schwarze Schafe inklusive.
Um die kümmert sich in Rheinland-Pfalz auch die Aufsichtsbehörde ADD. Rund 70 Prüfungsverfahren laufen jedes Jahr auf, jedes fünfte führt dazu, dass die betroffenen Organisationen das Spendensammeln einstellen müssen. "Es gibt immer wieder welche, die es probieren", sagt ADD-Experte Sven Bauers und empfiehlt, sich auf der Webseite seiner Behörde zu informieren.
Auch wenn es eine große Kontinuität gibt: In der Spendenlandschaft ist manches in Bewegung. Zum Beispiel die Altersstruktur. Unverändert ist die Generation 70plus am großzügigsten, aber dann folgen schon die 50- bis 59-Jährigen. Die 60- bis 69-Jährigen hingegen haben ihr Spendenvolumen zuletzt klar reduziert. Expertinnen wie Daniela Felser vom Deutschen Spendenrat führen das auf die Euro-Krise und die Furcht um die Zukunft der Renten zurück, die in dieser Altersgruppe am stärksten präsent ist.
Nach wie vor gilt die Regel: Menschen unter 50 spenden weit weniger als ihr Anteil an der Bevölkerung ausmacht - außer bei besonderen Anlässen wie dem Tsunami oder dem Haiti-Erdbeben. Allerdings wächst bei ihnen spürbar der Anteil von Spenden, die über das Internet akquiriert werden. Online-Spenden machen nach Einschätzung des Berliner Anbieters betterplace inzwischen sechs bis acht Prozent des Privatspendevolumens in Deutschland aus - zudem sind die Online-Spendensummen im Schnitt deutlich höher.

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