Entwicklungshelfer im Unruhestand

KERPEN. Das Rentner-Ehepaar Röper reist immer mal wieder ins Ausland. Nicht um sich zu erholen, sondern um zu arbeiten. Die beiden Rentner setzen ihre beruflichen Erfahrungen ein, um anderen zu helfen. Sie sind für den Senioren Experten Service (SES) unterwegs in Südamerika und Afrika.

"SES ist für jeden Rentner was, der neugierig und fit ist", erklärt Stefanie Röper. Die 62-jährige Hebamme hat über Freunde vom SES erfahren, dem ehrenamtlichen Dienst der deutschen Wirtschaft. Egal ob pensionierter Bäcker, Winzer, KFZ-Mechaniker, Ingenieure oder Lehrer - für die bisher 12 000 Einsätze in 149 Ländern braucht der SES Leute mit den unterschiedlichsten Erfahrungen. In der Region Trier gibt es rund ein Dutzend SES-ler. Lothar Röper ließ sich von seiner Frau überreden. "Das war vor zwei Jahren, gerade mal ein Jahr war ich in Rente", erinnert sich der 64-jährige Maschinenbautechniker. Die SES-Einsätze passen ins Lebens-Schema des Ehepaares, das sich 1966 in Afghanistan kennen lernte. Als fünfköpfige Familie waren die Röpers bereits zwei Mal längere Zeit in Brasilien, seit 20 Jahren sind sie wieder in Deutschland und leben nun im "Unruhestand" in der Eifel. Nach Brasilien, wo ihre älteste Tochter lebt, führten sie auch die ersten SES-Einsätze. Der Techniker sollte innerhalb von vier Monaten eine Berufsschule in Gang bringen. "Aber als ich ankam, habe ich nur einen Rohbau vorgefunden. Anstatt der Inbetriebnahme habe ich für den Endausbau und die Einrichtung der Schule gesorgt", meint der Rentner rückblickend. Sauer auf den SES ist er nicht, nur auf die deutsche Hilfsorganisation, die mit Spendengeldern "alles amateurhaft angegangen ist". Die Organisationen, die vom SES bei ihrer Entwicklungsarbeit unterstützt werden, müssen den Experten Taschengeld, Flug und Unterkunft bezahlen. Sechs Wochen vor Röpers Vertragsende, folgte seine Frau. Die Hebamme und Krankenschwester hat eine Kleinstkinderstation auf Vordermann gebracht. "Da lief einiges schief, die Betreuerinnen waren nicht ausgebildet, die Kinder kamen nicht aus dem Haus raus, und es gab keine kindgerechte Ernährung", sagt die 62-Jährige. Schon nach zwei Wochen hatte sie mit dem brasilianischen Gesundheitsamt eine neue Regelung für den Hort getroffen. Die Behörde schickt künftig Ausbilder. Außerdem stehen jetzt Kartoffeln, Gemüse und Obst statt Milchbrei auf dem Speiseplan. Im Nachbargebäude, der Berufsschule, hatte ihr Mann einen Informatikkurs auf die Beine gestellt. 15 Computer sowie eine moderne Industrieschneiderei, -küche und -bäckerei schmückten die Schule. Kurze Zeit später ging Stefanie Röper für zweieinhalb Monate nach Afrika, nach Somali-Land. Sie unterrichtete in einer Frauenklinik Krankenschwestern in Geburtshilfe. Nun weiß sie: Afrikanische Neugeborene dürfen nicht bewundert werden, weil sonst böse Geister aufmerksam werden, nur Omas dürfen die Kleinen baden, zur Geburt zieht die ganze Familie in der Klinik ein, und für alles braucht man die Zustimmung der Sippe. Die pensionierte Hebamme wurde in eine andere Kultur katapultiert und hat viel über die Auswirkungen des Islams gelernt. Auch ihr Mann ging im Mai für fünf Wochen nach Afrika - auf die Kapverdischen Inseln. Er unterrichtete Monteure der Autowerkstatt des kapverdischen Militärs und Ingenieure in einer von Luxemburg ausgestatteten Technikhochschule. Stefanie und Lothar Röper wollen weitere SES-Einsätze annehmen. Ihr Traumziel: Asien. "Da waren wir noch nicht."

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