"Er hat Angst vor der Freiheit"

Im Urteil steht nichts davon, dass ein 35-jähriger Gewaltverbrecher aus der Eifel vorerst in die geschlossene Psychiatrie kommt. Trotzdem hat sich das Gericht für die Zwangseinweisung, die der Mann selbst wollte, starkgemacht.

Trier. Er sieht sich selbst als Gefahr. Er könne für nichts garantieren, wenn er allein unterwegs sei, hat der 35-Jährige vor Gericht gesagt. Auch der Gefängnispsychologe, der den Eifeler während der Untersuchungshaft in der Trierer Haftanstalt betreut hat, sagt: Er lege nicht die Hand dafür ins Feuer, dass der verurteilte Mörder nicht wieder zum Gewaltverbrecher werde. Freiheit, so der Psychologe, bedeute für den zuvor zwölf Jahre eingesperrten Mann Stress. Er habe Angst davor. Und, er fühle sich in der Psychiatrie wohler als in Freiheit, soll er gesagt haben.

Doch die Hürden für die sogenannte Sicherungsverwahrung sind hoch. Sogar wenn ein Täter, wie in diesem Fall, selbst für eine solche Maßnahme ist, kann ein Gericht ihn nicht so einfach dauerhaft wegsperren. Kurzzeitig hat es bei dem neuerlichen Prozess gegen den 35-Jährigen, der 1997 eine Prostituierte in Speicher (Eifelkreis Bitburg-Prüm) ermordet hat, ausgesehen, als wären die Kriterien für die dauerhafte Einweisung in die Psychiatrie dieses Mal erfüllt. In Briefen, die er in der U-Haft vor allem weiblichen Bediensteten des Trierer Gefängnisses geschrieben hat, soll er perverse sexuelle und sadistische Fantasien geäußert haben. Von Leichenschändung und abartigen Sex-Praktiken soll darin die Rede gewesen sein. Zunächst sah der Vorsitzende der zweiten Großen Strafkammer des Trierer Landgerichts, Albrecht Keimburg, darin eine Weiterentwicklung des verurteilten Gewaltverbrechers. Diese sogenannte neue Qualität ist Voraussetzung für eine dauerhafte Sicherungsverwahrung. Doch die psychiatrischen Gutachter sahen in diesen Briefen Fantasien des Eifelers, mit denen er auf sich aufmerksam machen wollte, aber keinen Hinweis darauf, dass er noch gefährlicher geworden ist, als er ohnehin schon gilt.

Das war auch der Grund, warum der Mann bereits im April, nach der Entlassung aus der zwölfjährigen Haft, nicht dauerhaft in die Psychiatrie eingewiesen werden konnte.

Daher ist es im gestern von Keimburg verkündeten Urteil auch gar nicht mehr um die nachträgliche Sicherungsverwahrung gegangen. Abgeurteilt worden ist lediglich, dass sich der 35-Jährige im April, kurz nachdem er in die offene Betreuung eines Pflegeheimes im Nordsaarland gekommen war, in einer Kneipe betrunken hat. Damit hat er gegen die im April auferlegte Weisung verstoßen, keinen Alkohol zu trinken. Der Vorwurf, bei seiner Festnahme Polizisten angegriffen zu haben, wurde fallengelassen. Auch für den Verdacht, er habe 1994 im Trierer Eros-Center eine Prostituierte getötet - wie er es wohl an dem Abend in der saarländischen Kneipe geäußert haben soll - hat es bei dem Prozess keinen Anhaltspunkt gegeben.

Die Gefahr für weitere Straftaten durch den Eifeler sei groß, sagt der Richter. Aber das Strafrecht gebe es nicht her, dass man ihn und die Öffentlichkeit dauerhaft vor ihm schütze. Um ihm "einen Halt" zu bieten, wie es Oberstaatsanwalt Ingo Hromada formuliert, hat das Gericht in den vergangenen Tagen mit dem Trierer Ordnungsamt und dem gesetzlichen Betreuer des Mannes verhandelt, um eine zumindest zeitweise Zwangseinweisung nach dem Landesgesetz für psychisch Kranke in die geschlossene Psychiatrie des Trierer Mutterhauses zu erreichen. Der Eifeler lächelt, als er erfährt, dass er behandelt wird. Er wolle versuchen, sein Leben wieder in den Griff zu bekommen, sagt er, bevor er - ohne Handschellen - aus dem Gerichtsaal geht. Extra Landesgesetz für psychisch Kranke: Das Gesetz regelt die Zwangseinweisung von psychisch Kranken. Als psychisch krank gelten Personen, die an einer Psychose, an einer psychischen Störung leiden oder wegen einer Sucht keine Selbstkontrolle mehr haben. Die Betroffenen können gegen ihren Willen untergebracht werden, wenn sie sich oder andere gefährden und diese Gefahr nicht anders abgewendet werden kann. Beantragt werden muss die Unterbringung vom zuständigen Ordnungsamt, ein Gericht muss die Einweisung anordnen. Die Behandlung darf nur in dafür zugelassenen Kliniken erfolgen. Sie dauert zunächst sechs Wochen kann dann per Gericht verlängert werden bis maximal zwei Jahre. (wie)

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