ERMITTLUNGEN

DOCKWEILER. Müllbetrug im großen Stil? Eine illegale Halde in der Lavagrube Dockweiler (Kreis Vulkaneifel) soll offenbar zu einem Konstrukt von Millionenbetrügereien einer "Müll-Mafia" gehören. Die Staatsanwaltschaften Köln und Trier ermitteln. Die Pächterin der Grube dementiert jegliche Vorwürfe und verweist auf die Firmen, die den mit geschreddertem Müll vermischten Erdaushub anlieferten.

 In der 20 Meter hohen Halde in der Lavagrube Dockweiler steckt viel Zündstoff: Denn statt Erdaushub wurde geschredderter Hausmüll mit Erde vermischt zur Renaturierung der Grube angekarrt. Die illegale Halde soll angeblich ein Teil von Millionenbetrügereien bei der Müllentsorgung sein. TV-Foto: Gabi Vogelsberg

In der 20 Meter hohen Halde in der Lavagrube Dockweiler steckt viel Zündstoff: Denn statt Erdaushub wurde geschredderter Hausmüll mit Erde vermischt zur Renaturierung der Grube angekarrt. Die illegale Halde soll angeblich ein Teil von Millionenbetrügereien bei der Müllentsorgung sein. TV-Foto: Gabi Vogelsberg

Mittwoch, 4. April, ist für Annemarie Grommes, Pächterin der Grube, ein weiterer schwarzer Tag im Deponie-Desaster. Kripobeamte durchsuchen die Büros in der Dockweiler Grube und im Bitburger Firmenstammsitz. Sie sagt: "Wir haben nichts zu verbergen. Wir helfen der Kripo, weil wir von den Zulieferern gelinkt wurden." Zwei Unternehmen, eines aus der Eifel und eines aus Nordrhein-Westfalen, hatten zwischen Spätherbst und Winterbeginn in Dockweiler Erdaushub zur Renaturierung der Grube angeliefert. Im Dezember erhielt das Landesamt für Bergbau (LAB) in Mainz einen anonymen Hinweis. LAB-Chef Professor Harald Ehses: "Anfang Dezember ist unser Mitarbeiter raus, und seitdem läuft das Verfahren." Vorläufig noch unter Ausschluss der Öffentlichkeit, damit die Hintermänner der "Müll-Mafia" enttarnt werden können. Am Donnerstag, 29. März, schlägt die Kölner Staatsanwaltschaft zu. In Gremberghoven wird der 31-jährige Chef des Abfallverwertungsbetriebes (AVB) bei einer Razzia in seiner Firma verhaftet. Der Türke, der bereits acht Mal wegen illegaler Abfallgeschäfte verurteilt wurde, sitzt noch immer in U-Haft. Er soll 940 000 Euro dafür kassiert haben, dass er 8300 Tonnen Müll falsch deklariert und entsorgt hat. Er habe den Müll zerkleinern und mit Erdaushub vermischen lassen, um diese Mixtur dann als "Mischboden" zur Renaturierung an Grubenbesitzer verkaufen zu können, sagt Staatsanwalt Thomas Albrecht. Weitere Fälle sind nicht auszuschließen

Tino Sesko, Sprecher der Kölner Staatsanwaltschaft, erklärt: "Ob es noch weitere Abladestationen gibt, wissen wir nicht. Im Moment gehen wir von über 260 Fahrten in die Grube Dockweiler aus." Die Auswertung der beschlagnahmten Akten dauere noch an. Horst Roos, Leitender Oberstaatsanwalt in Trier, sagt: "Es ist in der Region Trier der erste aufgedeckte Fall, aber weitere sind nicht auszuschließen." Laut Staatsanwalt Thomas Albrecht kann die Trierer Behörde "Ermittlungen gegen eine zweite Zuliefererfirma nicht bestätigen". AVB aus Gremberghoven sei definitiv in Dockweiler involviert. Um den Verursacher, sprich Zulieferer, kümmere sich die Staatsanwaltschaft Köln und die Trierer um den Grubenbetreiber. In enger Zusammenarbeit. Staatsanwalt Albrecht: "Wir müssen abklären, inwieweit die Betreiber von der illegalen Müllentsorgung wussten." Pächterin Grommes versichert: "Nichts." Sie muss dem Landesamt für Bergbau ein schlüssiges Sanierungskonzept vorlegen. Damit wurde eine Aachener Spezialfirma beauftragt. Am Rand der 20 Meter hohen illegalen Halde wurden an mehreren Stellen Proben entnommen. Unter einem Wasserstrahl wird an einer Siebanlage im hinteren Teil der Grube das beigemischte Erdreich vom zerschredderten Müll getrennt. Mit Dreckschlieren überzogen spuckt die Anlage dann Kunststoff-, Metall- und Glasteile aus. Danach ist eindeutig mehr Müll als Erdreich in der Halde. LAB-Chef Ehses erklärt: "Weitere Verfüllungen wurden sofort im Dezember untersagt, und wenn das Konzept vorliegt, wird entschieden, wie die Halde ordnungsgemäß entsorgt wird." Da die Uni Aachen die Auswertungen der Analyseergebnisse übernommen hat, wurde der Abgabetermin fürs Sanierungskonzept bis zum 20. April verlängert. Akute Gefahren fürs Grundwasser bestehen laut Ehses keine. Bruno von Landenberg, Ortsbürgermeister der Gemeinde Dockweiler, die Eigentümerin der Grube ist, sagt: "Wir bestehen auf einer lückenlosen Aufklärung ebenso wie auf der Versicherung, dass keine Folgegefahren fürs Grundwasser und die Umwelt bestehen bleiben."

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