Ernste Gesichter, verhaltener Applaus

Mainz · Zehn Minuten hat die Abstimmung im Mainzer Landtag lediglich gedauert. Dann stand fest, dass Malu Dreyer die Ministerpräsidentin bleibt. In Jubelposen probte sich die Ampelkoalition nicht, auch wenn es Seitenhiebe gegen die CDU gab.

Mainz. Wie ein Luchs achtet der Wachmann des Landesmuseums auf die römischen Säulen, die im Foyer stehen. Er hat reichlich Arbeit. Wenige Minuten, nachdem klar ist, dass Malu Dreyer die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz bleibt, redet ihre größte Rivalin.
CDU-Fraktionschefin Julia Klöckner stellt sich vor den Kameras auf. Ein Pulk aus Journalisten rückt näher zu ihr. Einige treten auf die römischen Steine im Museum, das bis zur Sanierung des Landtags als Mittelpunkt der Mainzer Politik dient. "Runter, runter", flucht der Wachmann. Doch die Medienvertreter hören nur, wie Klöckner den verlorenen Misstrauensantrag verteidigt.
"Hahn war Chefsache"


"Wir wollten eine Haltung ausdrücken", sagt sie. Beim Flughafen Hahn gehe es nicht um Ackerland für ein paar Tausend Euro. Es gehe um Arbeitsplätze für die Menschen in der Region. Und Malu Dreyer habe den Hahn eben zur Chefsache gemacht.
Die Ministerpräsidentin stürzt an diesem Tag dennoch nicht, weil die rot-gelb-grüne Ampelkoalition zu ihr hält. Alle 52 Abgeordneten sprechen der Ministerpräsidentin das Vertrauen aus. SPD-Fraktionschef Alexander Schweitzer, der Dreyer vor der Wahl eine kleine Schornsteinfeger-Figur auf das Pult stellt, erleichtert das. Einen Seitenhieb gegen die 43-jährige CDU-Rivalin verkneift er sich nicht. "Frau Klöckner hat nun zwei Landtagswahlen und zwei Misstrauensvoten verloren. Das ist ganz schön viel für eine Frau in ihrem Alter. Davon wird sie sich erstmal erholen müssen." Uwe Junge von der AfD kritisiert, die Abstimmung sei verfrüht gewesen. "Wenn ich dieses Schwert einsetze, dann richtig und nicht als Symbolpolitik." Das Votum habe die Ampelkoalition nur gefestigt.
Klöckner attackiert dafür die FDP. Sie habe der Regierung einen "Blankoscheck" ausgestellt. "Albern" sei das, entgegnet Wirtschaftsminister Volker Wissing. Die Partei werde die nächsten Schritte beim Hahn "mit größter Präzision" begleiten.
Wie sehr es bei den Liberalen wegen des Wirbels gärt, brachte der FDP-Fraktionschef Thomas Roth schon im Parlament zum Ausdruck, als er in Richtung Regierung sagte, es müsse Konsequenzen geben, wenn Fehler einzelnen Personen zugeschrieben werden können. Nach dem Ja für Dreyer verlässt Roth seinen Platz. Eine Magenverstimmung. Auch sonst wirkt es, als verbiete die Lage am Hahn große Freude über das Ergebnis. Der Applaus für Dreyer ist brav, nicht euphorisch. Volker Wissing umarmt sie, Grünen-Fraktionschef Bernhard Braun gibt ihr Küsse auf die Wange. Dreyer sagt, das Votum gebe ihr Rückendeckung, wendet sich dann aber auch schnell dem Hahn zu.
Der bleibt weiter ein Thema - auch in der CDU. Das betont Julia Klöckner, ehe sie wieder ins Plenum schreitet und die Journalisten Ruhe geben. Und der Wachmann, der die römischen Steine bewacht, hat seinen Frieden. Vorerst.

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