Erst linker Maulwurf, dann Rechtsaußen

Der NPD-Mann Safet Babic, der von heute an wegen gefährlicher Körperverletzung vor Gericht steht, ist in Trier schon seit sieben Jahren aktiv. Der Langzeit-Student saß ab 2003 im Studierenden-Parlament der Uni und verklagte erfolglos den Allgemeinen Studierendenausschuss.

 Als Safet Babic und die NPD am Pfingstsamstag 2009 eine Kundgebung in Trier organisieren, protestieren mehr als 8000 Menschen gegen den Auftritt der Rechten. TV-Foto: Friedemann Vetter/Archiv

Als Safet Babic und die NPD am Pfingstsamstag 2009 eine Kundgebung in Trier organisieren, protestieren mehr als 8000 Menschen gegen den Auftritt der Rechten. TV-Foto: Friedemann Vetter/Archiv

Trier. Der 1981 im hessischen Hanau geborene Babic begann 2001 mit dem Jura-Studium in Trier. Anfangs verschwieg er seine NPD-Nähe und suchte Kontakte zur linken Szene. Nach sechs Monaten als "Maulwurf", so Babics eigene Wortwahl, gab er diese Tarnung auf und gründete an der Uni Trier die "Freiheitliche Soziale Liste", mit der er 2003 ins Parlament der Studierenden (Stupa) einzog.

Die Musikvideos des Senders MTV sind mit Hochschulpolitik nur schwer auf einen Nenner zu bringen. Safet Babic sah das 2004 anders. Zu seinen Anträgen als Mitglied des Stupa gehörte eine Aufforderung an das Frauenreferat des Allgemeinen Studierendenausschusses, eine Resolution gegen eben diese Musikvideos zu verabschieden. Denn deren Inhalt entspreche nicht dem "germanischen Sittengefühl", ein derartiger Sexismus sei "dem deutschen Volke fremd".

Babics Anträge vom Tisch gefegt



Das Parlament wurde mit solchen und ähnlichen Anträgen des Rechtsaußen schnell fertig und fegte sie mit sogenannten "Anträgen auf Nichtbefassung" vom Tisch. Babic holte schließlich zum nächsten Schlag aus: Der heutige Kreisvorsitzende und stellvertretende Landesvorsitzende der NPD strengte im Oktober 2004 ein Verfahren gegen den Allgemeinen Studierendenausschuss (Asta) der Universität Trier an.

Mit diesem Verfahren wollte Babic verhindern, dass "Veranstaltungen, Vereine und Verbände finanziell gefördert werden, die keinen konkreten studien- und hochschultypischen Bezug haben". Deshalb waren ihm auch Bestandteile des Asta ein Dorn im Auge: Das Referat für politische Bildung und Antirassismus, das autonome Schwulenreferat, das Referat für Frauen und Lesben und das autonome Referat ausländischer Studierender "lassen auf allgemeinpolitische Aktivitäten schließen".

Babic verlor in zwei Instanzen. Sowohl das Verwaltungsgericht Trier als auch das Oberverwaltungsgericht Koblenz lehnten seine Anträge ab.

Ab 2004 wurde Babic zum NPD-Kandidaten auf mehreren politischen Ebenen. Er trat erfolglos bei der Europawahl 2004 auf Platz 21 und bei der Bundestagswahl 2005 auf Platz vier der Landesliste in Rheinland-Pfalz und als Direktkandidat im Wahlkreis Trier an. Nach einigen Jahren in der politischen Versenkung tauchte er 2009 im Kommunalwahlkampf in Trier auf und kündigte an, in den Stadtrat einziehen zu wollen, was ihm auch gelang.

Kreisverband tritt komplett aus NPD aus

 Safet Babic. Foto: Frieemann Vetter

Safet Babic. Foto: Frieemann Vetter



Während Babic 2004 an der Uni Trier für das "germanische Sittengefühl" kämpfte, bewirkte er den Austritt des kompletten brandenburgischen Kreisverbandes Prignitz-Ruppin aus der NPD - und Brandenburgs NPD-Landesvorsitzender Mario Schulz ging gleich mit. Der Grund könnte zum Lachen reizen, auch wenn die Bedrohung durch rechte Extremisten bis heute ein sehr ernstes Problem ist: Safet Babic, dessen familiäre Wurzeln in Bosnien liegen, war seinen Parteifreunden in Brandenburg offenbar nicht deutsch genug.

Mit Babics Nominierung habe sich die NPD von ihrem Grundsatz "Deutscher ist, wer deutschen Blutes ist" verabschiedet, tönten die Ausgetretenen. Die Partei habe damit ihr Existenzrecht verloren und reihe sich ein "bei den Feinden unseres Volkes". hintergrund Wo sitzt die NPD? Bundesweit ist die Partei in zwei Landtagen vertreten. 2006 erhielt die NPD in Mecklenburg-Vorpommern 7,3 Prozent der Stimmen und zog mit einer sechsköpfigen Fraktion in den Landtag ein. Die Wahl des sächsischen Landtags 2009 brachte den Rechtsextremisten einen Absturz von im Jahr 2004 erzielten 9,2 auf 5,6 Prozent und damit noch acht Sitze. Auf kommunaler Ebene ist die NPD heute in den Stadt-, Kreis- und Gemeinderäten mehrerer Bundesländer vertreten. In Hessen besitzt die vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestufte Partei viele Kommunalmandate. In Sachsen ist die NPD seit den Kommunalwahlen 2008 in allen Kreistagen und mehreren Gemeinderäten vertreten. Bei den Kommunalwahlen 2004 konnte sie auch in Mecklenburg-Vorpommern sowie im Saarland in mehrere Gemeinderäte und Kreistage einziehen, im Jahr 2006 gelang ihr dies auch in Niedersachsen. In der Region Trier ist die NPD nur im Stadtrat Trier vertreten, und zwar seit der Kommunalwahl 2009 mit einem Sitz. (jp)

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