Erzwungene Kauflust

Man weiß wirklich nicht, was unsinniger ist: Der Vorschlag an sich, oder der Zeitpunkt, zu dem dieser (erneut) der Öffentlichkeit verkündet wird. Zwei Wochen vor dem ersten Advent fassen Brüderle und Huber ihre Gedanken in Worte und fordern, Geschäfte in diesem Jahr auch an Advents-Sonntagen zu öffnen, um die Konjunktur anzukurbeln. Einfach genial. Dass die vergangen Änderungen im Ladenschlussgesetz - 1996 und 2002 - weder Aufschwung noch Kaufkraft gebracht haben, scheinen der Grüne und der Liberale vergessen zu haben, ebenso die Tatsache, dass sich ein im Gesetz verankerter Beschluss nicht innerhalb von zwei Wochen einfach mal so verändern lässt. Wer den Werdegang der unzähligen wirtschafts- und sozialpolitischen Rohrkrepierer vom Vorschlag bis zum Abschmettern im Bundestag oder Bundesrat mitverfolgt hat, weiß, dass solche Vorschläge nur eine Diskussionswelle auslösen, die schon bald so abgeflacht ist, dass ein leuchtender Adventskranz problemlos darauf schwimmen könnte. Ein besonderes Merkmal der Vorweihnachtszeit ist nämlich, dass es einen Stichtag gibt, bis zu dem alle Weihnachtsgeschenke gekauft sein sollten, und ein weiteres ist, dass das Weihnachtsgeschäft jedes Jahr immer früher beginnt. Warum also braucht der Mensch zusätzlich zu den jährlich gut 100 Tagen Einkaufstagen der Vorweihnachtszeit zusätzlich noch vier Sonntage? Warum also sollte jemand, der nicht bereit ist, montags, mittwochs oder samstags Geld auszugeben, dies ausgerechnet am Sonntag tun? Natürlich gibt es Menschen, die gerne am Sonntag einkaufen würden. Doch ist dem Einzelhändler sicher nicht damit geholfen, wenn der Käufer dafür in der Woche zuhause bleibt, noch weniger der Verkäuferin, die am Advent im Laden stehen muss und am allerwenigsten dem Händler in der ländlichen Region, der dabei zusehen darf, wie seine potenziellen Kunden am Sonntag in die Stadt einkaufen fahren. u.hentschel@volksfreund.de

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