Es bleibt wohl bei weichen Sanktionen

Brüssel Angela · Es wir kein leichter EU-Gipfel für Angela Merkel. Ihre Versuche, Russlands Präsidenten Wladimir Putin im Krim-Konflikt zur Deeskalation zu bewegen, sind bisher mäßig erfolgreich. Dabei hat sie unter den EU-Regierungschefs den wohl besten Draht zu ihm.

Brüssel. Angela Merkel hat Kremlchef Putin bisher mit Samthandschuhen angefasst - in der Hoffnung auf Vernunft und Einsicht in die gegenseitige Abhängigkeit. "Gesprächsfähig bleiben", lautet das Motto. Doch der Machtpolitiker aus dem Kreml scheint eiskalt testen zu wollen, wie weit er gehen kann und wie handlungsfähig sich die Europäer erweisen, wenn es um Sanktionen geht, die auch ihnen wehtun.
Putin hat sehr genau registriert, dass die EU seine Quasi-Annexion der Krim nur mit weichen Sanktionen beantwortet hat. Mehr noch: Er warb in seiner Duma-Rede mit Verweis auf die deutsche Wiedervereinigung auch noch unverhohlen um Berliner Verständnis für sein Agieren auf der Halbinsel, die nun "heim" nach Russland komme.

Rote Linie Ostukraine


Dennoch dürfte es beim heutigen Cheftreffen in Brüssel keine Einigung auf die nächste Stufe der Strafmaßnahmen - Wirtschaftssanktionen - gegen Moskau geben. Berliner Regierungskreise rechneten gestern nicht mit einer "weitreichenden Verschärfung der Sanktionen".
Voraussetzung für Wirtschaftssanktionen sei eine massive Destabilisierung der Ukraine - über die Krim hinaus, hieß es. Die sei bisher nicht gegeben. Das bedeutet: die Rote Linie heißt Ostukraine. Solange Putin seinen Machthunger nicht offensiv dorthin erstreckt, will Berlin das bisherige Sanktionsinstrumentarium allenfalls erweitern.
So wird beim Gipfel wohl die Liste der Personen, die mit Einreiseverboten und Kontosperren belegt werden, verlängert. Bisher sind es 21 - und die großen Namen aus Putins direktem Umfeld wurden verschont. Das lässt noch Spielraum. Sollten die Oligarchen des Landes nicht mehr in Paris shoppen und ihre Kinder auf Elite-Unis in England schicken dürfen, könnte das den Rückhalt für Putins Kurs verringern.
Auch ein Waffenembargo gegen Russland ist neben weiteren politisch-symbolischen Handlungen - wie der Aussetzung des G-8-Gipfels in Sotschi - möglich. Die Diskussion über die richtige Antwort auf Putins Aggression im Kreise der EU-Chefs dürfte hart werden. Der britische Premier David Cameron plädiert etwa für einen Ausschluss Russlands aus dem Kreis der führenden Wirtschaftsnationen (G 8) und tat sich mit der Bemerkung hervor, er werde die anderen europäischen Partner zu weiteren Maßnahmen "drängen". Das wird nicht von allen so gesehen. Zypern etwa wurde in der Euro-Krise massiv von Moskau finanziell unterstützt. Hinzu kommt: EU-Staaten mit starken russischen Minderheiten aus dem ehemaligen Sowjetimperium fühlen sich von Putin bedroht und fordern Schutzgarantien. Genau deshalb fuhr Amerikas Vizepräsident Biden gerade durch Osteuropa und versicherte den Nato-Verbündeten Polen und Litauen, dass die Beistandspflicht nach Artikel 5 natürlich gelte, sollten sie angegriffen werden. Auch im Energiebereich fordern die Osteuropäer Solidaritätszusagen.
EU-Vereinbarungen mit Kiew


Denn sollte Putin als Vergeltung den Gashahn zudrehen, wären sie am schlimmsten betroffen - weil einige zu nahezu 100 Prozent von russischem Öl und Gas abhängen. Einigkeit besteht darin, dass Kiews EU-Annäherung voranzutreiben ist. 1,6 Milliarden Euro eines insgesamt elf Milliarden Euro schweren Hilfspakets sollen so schnell wie möglich fließen, sind aber an Wirtschaftsreformen geknüpft. Die EU hoffe, entsprechende Vereinbarungen mit der Regierung in Kiew "in den kommenden Wochen" zu schließen, sagte EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn gestern.

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