EU-Kommission: Nur der Preis entscheidet über Hahn-Verkauf

Lautzenhausen · Musste das Land vor dem Zuschlag an den möglichen neuen Besitzer des Flughafens Hahn dessen Geschäftskonzept prüfen? Nein, heißt es bei der EU-Kommission. Ein Wettbewerbsexperte sieht das anders.

Lautzenhausen. Chen Yongquiang wollte den Flughafen Lübeck retten. 2014 hat der chinesische Unternehmer, den bis dahin keiner kannte, den ehemaligen Militärflughafen aus der Insolvenz gekauft. Der Geschäftsmann aus Hongkong wollte eine Flugschule dort ansiedeln und chinesische Medizintouristen anlocken. Nur ein Jahr später, im September 2015, ist der Flughafen erneut pleite. Chen Yongquiang hat den Geldhahn zugedreht.
Ein Szenario wie in Lübeck?


Es ist das Szenario, das Kritiker des geplanten Verkaufs der rheinland-pfälzischen Anteile (82,5 Prozent) am Flughafen Hahn an die chinesische Gesellschaft SYT befürchten. Sie glauben, der Hunsrückflughafen könnte das gleiche Schicksal erleiden wie der Flughafen Lübeck, der gestern an einen Unternehmer aus der Hansestadt verkauft worden ist. Genau wie der chinesische Investor für den Flughafen in Lübeck ist auch SYT bislang unbekannt in Deutschland.
Dementsprechend zurückhaltend fällt die Beurteilung von Peter Adrian, Präsident der Trierer Industrie- und Handelskammer (IHK), aus. "Wir verfolgen den Verkauf mit Interesse. Aus den uns vorliegenden Informationen können wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt aber noch kein tragfähiges Konzept erkennen." Über das genaue Konzept, das also, was künftig auf dem Hahn geplant ist, hat vergangene Woche die Landesregierung in der gemeinsamen Sondersitzung dreier Landtagsausschüsse auch keine detaillierten Auskünfte gegeben. Eine Pilotenschule sei auf dem Hahn geplant hieß es. Ein paar Tage zuvor hatte SYT-Vertreter Yu Tao Chou gesagt, künftig sollten leicht verderbliche Lebensmittel vom Hahn aus transportiert werden - und es solle Pauschalflüge aus Asien in den Hunsrück geben. An der Aussage, die chinesische Frachtfluggesellschaft Yangtze River Express solle von München wieder auf den Hahn gelockt werden, bestehen jedoch weiter erhebliche Zweifel.
Wie kann es aber sein, dass das Land einem Bieter den Zuschlag für den Kauf des Hahn gibt, ohne die konkreten Pläne zu kennen? Ein Vertreter der Beratungsfirma KPMG, die das Verkaufsverfahren im Auftrag des Landes betreut hat, sagte vergangene Woche im Landtag, dass die EU-Kommission untersage, in einem solchen Verfahren Geschäftspläne zu kontrollieren. Auf Nachfrage unserer Zeitung bestätigte die EU-Kommission, dass bei Privatisierungen der Staat wie ein Privatunternehmer handeln muss. Das heißt: Hauptkriterium für die Auswahl eines Käufers ist der mögliche Verkaufserlös. Eine formale Entscheidung habe die Kommission beim Verkauf des Hahn nicht getroffen, heißt es. Man stehe aber "in dieser Angelegenheit mit den deutschen Behörden in Kontakt". Der EU-Wettbewerbsexperte Andreas Bartosch aus Brüssel sieht jedoch keinen Grund dafür, dass das Land während des Bieterverfahrens nicht den Geschäftsplan von SYT geprüft hat: "Wie soll ansonsten eine faire Entscheidung getroffen werden können?" sagte Bartosch unserer Zeitung. Dass das Land, wie angekündigt, bis 2024 dem Hahn-Investor mit Beihilfen unter die Arme greifen will, sei durch die EU-Flughafenleitlinien gedeckt, sagt Bartosch. Er sieht darin keinen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht.
Hessen, das 17,5 Prozent am Hahn hält, beteiligt sich, anders als Rheinland-Pfalz, nicht an den Investitions- und Betriebskostenbeihilfen. Nach einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zweifelt man auch in der hessischen Staatskanzlei nicht an der Seriosität von SYT und plant, dem Investor die restlichen Anteile zu verkaufen. Angeblich für zwei Millionen Euro.

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